Buddhistische Betrachtungen über den Tod
von V. F. Gunaratna
In englischer Sprache herausgegeben von: BUDDHIST PUBLICATION SOCIETY
Kandy 1982 Sri Lanka
(Das COPYRIGHT© -1996- der deutschen Übersetzung hat der Übersetzer. Jede
Art des Nachdrucks oder der Vervielfältigung ist gestattet, unter der
Bedingung, daß sie - 'ZUR KOSTENLOSEN VERTEILUNG' - zur Verfügung gestellt
wird.)
Hinweis des Übersetzers
Buddhistische
Betrachtungen über den Tod
Das Gesetz vom Kamma
Sankhâra: Das Zusammengesetzte
Das Gesetz der Vergänglichkeit
Alle
bedingt entstandenen Erscheinungen sind vergänglich
Die 'Bedingte Entstehung'
Der Werdeprozess
Der letzte Moment einer
Existenz
Welche Handlungen bringen den letzten Gedanken zum Entstehen?
Wie geht es weiter?
Patâcârâ und Kisâgotami
Fünf Betrachtungen für
jeden Menschen
Todesfurcht
Was ist Glück und was ist Elend?
Hinweis des Übersetzers:
Das Thema 'Tod' beschäftigte schon immer die Menschen aller Kulturen und
Religionen. Viele Mythen hat der Tod ins Leben gerufen, viel wurde und wird
über ihn spekuliert. Der Anspruch dieser Übersetzung besteht nicht darin,
Antworten auf die allerletzten Fragen der Menschheit zu geben. Vielmehr
sollen die Leser durch die 'Betrachtungen über den Tod' angeregt werden,
sich diesem Thema zu öffnen und durch eigene Bemühungen und Betrachtungen zu
einem Verständnis über das Leben, den Tod und den Sinn und Wert menschlicher
Existenz gelangen.
Der vorliegende Aufsatz untersucht dieses Thema aus der Sicht der
buddhistischen Weltanschauung. Der Verfasser, V.F. Gunaratna, beschreibt
verschiedene Gesetzmäßigkeiten, und bezieht sich dabei auf das
Abhidhamma-Pitaka, den dritten 'Korb' des Pali-Kanon der Theravada-Tradition.
Der Buddha hat die Betrachtung über den Tod als eines der wichtigsten
Kontemplationsobjekte bezeichnet: „Die Betrachtung über den Tod, ihr Mönche,
entfaltet und häufig geübt, bringt hohen Lohn und Segen, mündet im Todlosen,
endet im Todlosen...."(Ang.8/73).
Der 'NACHTRAG' ist dieser deutschen Übersetzung zugefügt und in der
Originalausgabe nicht vorhanden. Fußnoten (FN) wurden vom Übersetzer
angefügt.
Die Originalausgabe: 'Buddhist Reflections on Death' wurde in der Reihe
WHEEL PUBLICATION No. 102/103, von der BUDDHIST PUBLICATION SOCIETY (BPS) -
Kandy - Sri Lanka, herausgegeben.
Ich bedanke mich für die freundliche Genehmigung des derzeitigen
Präsidenten der BPS, dem Ehrwürdigen Bhikkhu Bodhi, diese deutsche
Übersetzung herausgeben zu dürfen und hoffe, dass sie bei den Leser/Innen
das Interesse weckt, durch weitere Studien und eigene Betrachtungen das
Phänomen Tod immer besser zu verstehen. Mögen die Resultate aus diesen
Bemühungen uns fähig machen, das Leben in heilsamer und korrekter Weise und
im Einklang mit dem Dhamma zu leben, so dass wir im Moment unseres Todes
wirklich sagen können:
> Oh Tod - Wo ist dein Stachel !?<
Dhammavâro Bhikkhu, Wat Puttabenjapon, Felgenstr. 36, D-63505
Langenselbold.
Buddhistische
Betrachtungen über den Tod.
Für den durchschnittlichen Menschen ist der Tod keineswegs ein angenehmes
Gesprächsthema. Es hat etwas Bedrückendes und Trostloses und ist ein echter
'Freudentöter'. Ein Thema, das nur auf Friedhöfe und in Begräbnishallen
gehört. Der durchschnittliche Mensch, der auf sich selbst bezogen immer nach
dem Angenehmen Ausschau hält, immer auf der Jagd ist nach etwas Aufregendem
und Dingen, die die Sinne befriedigen, weigert sich einzuhalten und sich
ernsthaft darüber Gedanken zu machen: Dass die Objekte der Freuden und
Genüsse eines Tages ihr Ende erreichen.
Wenn sich weise Überlegungen nicht durchsetzen und den unbesonnenen,
genusssuchenden Menschen nicht dazu anspornen ernsthaft zu erwägen, dass der
Tod jederzeit auch an seine Tür klopfen kann, werden es der Schock und der
schmerzliche Verlust unter seinem eigenen Dache, der plötzliche und
unwiderrufliche Tod eines Elternteils, der Frau oder eines Kindes sein, die
ihn aus dem Tiefschlaf seiner Sinnesbefriedigungen aufwachen lassen. Dann
wird er mit den harten Tatsachen des Lebens konfrontiert.
Nur dann öffnen sich seine Augen und erst dann wird er anfangen sich zu
fragen - „Warum gibt es dieses Phänomen Tod überhaupt - Warum ist er
unweigerlich, unausweichlich, unwiderruflich? Warum gibt es diese
schmerzhafte Trennung, die dem Leben seine Freuden raubt?"
Für die meisten von uns ist das „Schauspiel des Todes" an irgend einem Punkt
in unserem Leben jedoch die Ursache für die tiefsten Gedanken und die
tiefgründigsten Fragen.
Was ist das Leben wert, wenn einst tüchtige Körper die große Taten
vollbrachten, nun darniederliegen, kalt, bewusstlos, ohne Leben? Was ist das
Leben wert, wenn Augen, die einst vor Freude funkelten, Augen, die einst vor
Liebe glühten, nun für immer geschlossen bleiben, beraubt ihres Ausdrucks,
beraubt ihres Lebens?
Gedanken wie diese sollten nicht unterdrückt werden. Es sind gerade diese
untersuchenden Gedanken, die durch weise Fortsetzung letztendlich die
innewohnenden Kräfte des menschlichen Geistes entwickeln, um die höchsten
Wahrheiten zu erkennen. Die buddhistische Denkweise ist weit davon entfernt,
den Tod als einen Sachverhalt abzutun, dem man ausweichen oder den man
vermeiden soll, sondern er ist der Schlüssel, der das scheinbare „Mysterium
des Lebens" erschließt. Indem wir den Tod verstehen, verstehen wir das
Leben; denn im weitesten Sinne ist der Tod ein Teil des Lebensprozesses.
Oder anders beschrieben: Leben und Tod sind wie zwei Enden des gleichen
Vorgangs. Verstehen wir das eine Ende des Vorgangs, verstehen wir auch das
andere!
Indem wir den Zweck des Todes verstehen, begreifen wir den Sinn des Lebens.
Das Leben ist die Ergänzung des Todes, und der intensive Gedanke, daß er
eines Tages auch zu uns kommen muss, erweicht die härtesten Herzen, bindet
uns mit den Banden der Liebe und des Mitgefühls und zerstört die Barrieren
von Kaste, Konfession und Rasse zwischen den Menschen dieser Welt; denn alle
sind Gegenstand der gleichen „Endstation" Tod. Der Tod ist der große
'Gleichmacher'. Jeder Hochmut hinsichtlich Herkunft, Position, Wohlstand
oder Macht muß dem alles verzehrenden, vernichtenden Gedanken des Todes
weichen. Es ist dieser 'Gleichmacher' - Aspekt des Todes, weshalb ein
Dichter sagte:
- Auch Zepter und Krone müssen fallen,
gleich gemacht im Staube - der Sense und dem Spaten der Armen -
Es ist die Betrachtung über den Tod, die hilft, die Verblendung durch die
Sinnenfreuden zu zerstören. Es ist die Betrachtung über den Tod, die hilft,
Eitelkeit und Arroganz zu zerschlagen. Es ist diese Betrachtung, die ein
Gleichgewicht herstellt und in unserem weit überarbeiteten Geist, mit seinem
fehlgeleiteten Sinn für Werte, eine gesunde Sichtweise der
Verhältnismäßigkeiten entstehen lässt. Es ist diese Betrachtung, die Stärke
und Festigkeit verleiht und dem umherwandernden Geist eine Richtung gibt.
Einmal geht er in die eine und dann wieder in eine andere Richtung, ohne
Ziel, ohne Sinn und Zweck.
Nicht ohne Grund hat der Buddha eindringlich seinen Anhängern die achtsame
Betrachtung über den Tod als Übung nahe gelegt. Man nennt sie: maranânussati
bhâvanâ. Jemand, der sich darin üben möchte, sollte sich zu bestimmten
Zeiten dem Gedanken widmen: Der Tod wird stattfinden. Diese Betrachtung über
den Tod ist eines der klassischen Meditationsobjekte, die in der Visuddhi
Magga beschrieben werden. Worin gesagt wird: „Um die besten Resultate zu
bekommen, sollte diese Meditation in korrekter Weise durchgeführt werden."
Das heißt: „Mit Achtsamkeit (sati), dem Gefühl der Dringlichkeit (samvega)
und Verständnis (ñâna)".
Nehmen wir an, dass jemand nicht klar erkennt, dass der Tod jederzeit zu ihm
kommen kann, sondern etwas ist, das erst im hohen Alter, in weit entfernter
Zukunft stattfindet. Diese Art der Betrachtung über den Tod hätte nicht
genug Stärke und Klarheit und würde so kaum zum Erfolg führen.
Wie bedeutend und nützlich die Betrachtung über den Tod ist, zeigt eine
Auflistung der Resultate, die in der Visuddhi Magga beschrieben ist: „Der
Schüler, der sich der Betrachtung über den Tod widmet, ist immer wachsam. Er
erfreut sich nicht an irgendwelchen Formen der Existenz. Das Verlangen nach
dem Leben hat er verworfen, schlechte Taten missbilligt er. Er ist frei von
Begierden bezüglich der Lebensnotwendigkeiten. Seine Wahrnehmung über die
Vergänglichkeit ist fest gegründet. Er erkennt die leidhafte und seelenlose
Natur aller Existenz. Im Moment des Todes befällt ihn keine Angst, denn er
bleibt achtsam und selbstbeherrscht. Wenn er schließlich Nibbâna in diesem
Leben nicht erreicht, wird er nach Auflösung des Körpers auf glücklicher
Fährte wandeln."
Man kann also sehen, daß die
achtsame Betrachtung über den Tod nicht nur reinigende und verfeinernde
Wirkung hat, sondern den Tod auch seiner Ängste und Schrecken beraubt. Sie
kann einem helfen, in dem Moment, wo wir nach unserem letzten Atemzug
ringen, dem Tod mit Fassung und Gelassenheit zu begegnen. Solch ein Mensch
kann dann wirklich ausrufen:
„Oh Tod, wo ist dein Stachel?!"
„Sicherheit entsteht aus Einsicht."
In der Anguttara Nikâya sagt der Buddha: „Ihr Mönche, es gibt zehn
Betrachtungen, die, wenn zur Entfaltung gebracht, wenn sie oft geübt werden,
große Früchte bringen, den Lohn des Nibbâna, das Erreichen des Nibbâna."
Eine dieser zehn Betrachtungen ist die über den Tod und anderer Formen des
Leidens, wie Alter und Krankheit. Sie stellen einen angemessenen
Ausgangspunkt für die verschiedenen Meditationen dar, die schließlich zur
Erkenntnis der Wirklichkeit führen. Das geschah auch im Falle des Buddhas.
War es nicht der Anblick eines alten, eines kranken und eines toten
Menschen, der den im Luxus lebenden Prinzen Siddhattha veranlasste, seine
Frau und sein Kind zu verlassen, sein zu Hause und das in Aussicht stehende
Königreich - um sich dann auf den Weg zu machen, die Wahrheit zu entdecken?
Es war eine Reise zur Buddhaschaft, die in der Kühle des Nibbâna endete.
Die schon genannte Abneigung des durchschnittlichen Menschen sich dem Thema
des Todes zuzuwenden, ist für ihn von einem faden Beigeschmack begleitet.
Dieses Thema lässt in ihm den Wunsch entstehen, sich davon immer abzuwenden,
wenn darüber gesprochen wird. Das liegt an der Schwäche des menschlichen
Geistes. Manchmal ist Angst die Ursache, manchmal Leidenschaft (tanhâ) oder
der Egoismus, aber immer von der Unwissenheit (avijja) erzeugt. Die
Abneigung, den Tod verstehen zu wollen, unterscheidet sich nicht von der
Abneigung eines Kranken, der sich weigert, ärztlich Hilfe aufzusuchen,
obwohl er sich krank fühlt. Wir müssen die Notwendigkeiten schätzen lernen,
den Fakten ins Auge zu schauen. Sicherheit entsteht aus Einsicht! Je früher
wir unseren Zustand kennen, desto ungefährdeter werden wir sein; denn wir
können dann Schritte zur Verbesserung unseres Zustands einleiten.
Der Satz: „Wo die Unwissenheit zur Freude wird - wird die Dummheit zur
Weisheit," findet hier seine Anwendung. Ein Leben zu führen, ohne sich an
die Tatsache des Todes zu erinnern, ist wie ein Leben in einem
Narrenparadies.
In der Visuddhi Magga steht:
Drum möge sich des ernsten Strebens
Befleißigen der weise Mensch
In der Betrachtung über`n Tod
Die solche hohe Macht besitzt.
Da wir die Wichtigkeit der Todesbetrachtung nun sehen, wollen wir uns nun
selbst darin üben. Die erste Frage, die sich ein nachdenkender Geist stellen
würde, wäre: „Was ist die Ursache für den Tod?"
Fragen wir einen Physiologen, was der Tod ist, wird er antworten, daß es das
Ausfallen der Funktionen in einem menschlichen Körper ist. Wenn wir ihn
fragen, was die Ursache dafür ist, wird er sagen, dass der Herzstillstand
die unmittelbare Ursache dafür ist. Fragen wir ihn weiter, warum das Herz
aufgehört hat zu schlagen, wird er sagen, dass eine Krankheit irgend einen
Körperteil befallen hat. Wenn diese Krankheit nicht erkannt wird,
verschlimmert sich der Zustand, und ein langsames Degenerieren wird
schließlich den Zusammenbruch eines der Organe zur Folge haben, so dass das
Herz überlastet wird. Letztlich ist also die Ursache eine Krankheit, die den
Herzstillstand hervorruft. Fragen wir den Physiologen was eine Krankheit
verursacht, wird er sagen, dass Krankheiten Unregelmäßigkeiten in den
Funktionen des menschlichen Systems oder eines Teils des Körpers sind, und
verschiedene Ursachen haben können, wie zum Beispiel: Eintritt von Bakterien
in den Körper, das Missachten von Gesetzen gesunder Lebensführung oder ein
Unfall. Jedes dieser Ereignisse könne das Körpersystem beeinträchtigen und
Krankheiten verursachen. Fragen wir den Physiologen weiter, was die Ursache
für das Eintreten von Bakterien oder von Unfällen ist, muß er antworten:
„Das weiß ich nicht ... Das kann ich nicht sagen." An diesem Punkt kann uns
der Physiologe auch nicht mehr weiterhelfen, weil diese Fragen jenseits der
Kenntnisse der Physiologie liegen und sich in die Bereiche menschlichen
Verhaltens bewegen. Wenn zwei Menschen einer bakteriellen Infektion
ausgesetzt sind, warum ist es dann manchmal so, daß ein Mensch mit weniger
Abwehrkraft dieser Infektion widersteht, und ein anderer, mit höherer
Abwehrkraft, dieser Infektion erliegt? Wenn drei Leute den gleichen
glitschigen Boden betreten, warum rutscht der eine aus, fällt, verletzt sich
und stirbt, während der zweite, zwar auch ausrutscht aber mit geringen
Verletzungen davonkommt, und der dritte erst gar nicht ausrutscht? Diese
Fragen zeigen klar, dass eine Antwort darauf weder von einem Physiologen
erwartet werden kann, dessen Aufgabe in der Untersuchung des menschlichen
Körpers besteht, noch von einem Psychologen, dessen Untersuchungsbereich auf
den menschlichen Geist beschränkt ist. Die Antworten müssen weit jenseits
der Grenzen von Physiologie und Psychologie gesucht werden.
Das Gesetz vom
Kamma.
Genau an
diesem Punkt setzt das Gesetz des Kamma ein, auch bekannt als das Gesetz
von Ursache und Wirkung oder als das Gesetz von Aktion und Reaktion, das
auf den forschenden Geist besonders anziehend wirkt. Es ist das Kamma,
das hilft, weitere Fragen zu beantworten. Es ist das eigene Kamma, das
bestimmt, warum ein Mensch einer Infektion erliegt und ein anderer
nicht, und wodurch entschieden wird, warum drei Menschen beim Betreten
des gleichen glitschigen Bodens drei verschiedene Resultate erfahren.
Das Kamma „kümmert" sich darum, dass jeder Mensch in seinem Leben das
bekommt, was er verdient - nicht mehr und nicht weniger. Die
Lebensbereiche eines Menschen, die zu verschiedenen Teilen aus Freude
oder Leid bestehen, sind nicht mehr und auch nicht weniger das Resultat
seiner eigenen vergangenen Handlungen - in guter oder schlechter
Richtung. So sehen wir, dass das Kamma ein genauer 'Buchhalter' ist.
Jeder Mensch webt sich selbst sein eigenes Netz der Bestimmung. Jeder
ist seines eigenen Glückes Schmied. Oder wie es
der Buddha in der Anguttara Nikaya sagt:
„Alle Wesen sind die Eigner ihrer Handlungen - Ihre Taten sind die Geburtsstätte aus der sie
entspringen - Mit ihren Taten sind sie verbunden
- Ihre Taten sind ihre Zuflucht. Was immer sie tun, ob Gutes oder Schlechtes - Dessen Erbe werden sie sein."
So verschieden Handlungen
sein können, so verschieden sind auch deren Resultate. Deswegen gibt es
die unterschiedlichen Todesursachen, die einzelne Menschen unter
verschiedenen Gegebenheiten widerfahren. Jede Ursache hat ihre bestimmte
Wirkung. Jede Handlung hat ihr bestimmtes Resultat. Das ist ein
unfehlbares Gesetz. Wenn wir Kamma als ein Gesetz bezeichnen, heißt das
nicht, dass es von einen Gesetzgeber erlassen wurde, denn das würde ja
heißen, dass es einen solchen gibt. Es ist ein Gesetz im Sinne einer
Regelmäßigkeit in Bezug auf Handlungen. Es ist die Natur von Handlungen,
dass sie bestimmte Resultate nach sich ziehen. Diese Art der
Natürlichkeit wird auch Gesetz genannt. In diesem Sinne sprechen wir
auch über das Gesetz der Gravitation. Es bewirkt, dass ein Apfel von
einem Baum auf den Boden fällt, und nicht, weil es ein höheres Wesen
gäbe, das befiehlt: Apfel falle! Es ist die Natur der Dinge - das
Gewicht der Frucht - die Anziehungskraft der Erde: Der Apfel fällt. Und
wieder ist es ein ständiger Strom von Handlungen oder Bewegungsabläufen.
In gleicher Weise wirkt
das Gesetz von Ursache und Wirkung (das Gesetz von Aktion und Reaktion)
auch im Bereich menschlicher Angelegenheiten und Beziehungen. (Man nennt
es dann Kamma oder genauer: Kamma Vipâka). Es unterliegt nicht
irgendeiner fremden, willkürlichen Macht, sondern es ist die Natur der
Dinge, die bestimmten Handlungen bestimmte Ergebnisse folgen lässt.
Deshalb sind Geburt und Tod eines Menschen nicht das Resultat einer
willkürlichen Macht - genauso wenig wie das Entstehen und Vergehen eines
Baumes - und Zufall kann man es auch nicht nennen; denn so etwas gibt es
nicht. Es ist auch nicht denkbar, dass Chaos die Welt regiert. Jede
Situation, jeder Zustand ist eine Folge einer vorhergehenden Situation
oder eines vorhergehenden Zustandes, und wir bedienen uns des Wortes
„Zufall", weil wir die Ursachen nicht kennen.
Genug wurde soweit gesagt um
aufzuzeigen, daß wir in dem Kamma die ursprüngliche Ursache für das
Phänomen Tod sehen. Wir wissen auch, dass keine höhere Macht dieses
Kamma nach reiner Lust und Laune zum Entstehen bringt. Resultate
entstehen auf Grund unserer eigenen Handlungen:
So wie wir säen, so werden
wir ernten.
Kamma ist
nicht etwas, das einer geschlossenen Kiste der Vergangenheit entspringt,
sondern es ist in fortlaufender Entwicklung. Durch unsere Taten tragen
wir ständig dazu bei - und doch ist die Zukunft nicht nur durch die
Vergangenheit bedingt, die Gegenwart bedingt sie auch.
Wenn Sie Angst vor dem Tod haben, warum machen Sie dann nicht den weisesten
Gebrauch von der Gegenwart, um sich eine glückliche Zukunft zu garantieren?
Diejenigen, die ein redliches und moralisches Leben führen, niemandem etwas
zu Leide tun, die helfen wo sie können, sich des Dhammas erinnern und im
Einklang mit ihm leben, legen ohne Zweifel die Grundlage für eine glückliche
Zukunft.
„Das
Dhamma schützt diejenigen, die in Einklang mit ihm leben".
Dieser Einklang wird
gefördert und unterstützt durch die Betrachtung über den Tod. Der Tod
birgt keine Angst für den, der so durch das Dhamma geschützt ist, und er
wird fähig sein, ihm ruhig und gelassen zu begegnen.
Sankhâra: Das Zusammengesetzte.
Eine andere Art, den Tod
zu begreifen, ist ein Verständnis über das Gesetz der sankhâra oder
'Gruppen'. Dieses Gesetz besagt, dass alles eine Verbindung von Dingen
ist, und das nichts aus sich selbst heraus (als unabhängige
Wesenseinheit) existieren kann.
Sankhâra ist ein Begriff aus der Pali-Sprache, um
Gruppen, Anhäufungen, Verbindungen oder Zusammensetzungen zu bezeichnen.
Dieses Wort leitet sich von der Silbe - 'San' (zusammen) - und der
Wurzel - 'Kar' (machen) - ab. Es entsteht die Bedeutung:
Zusammengesetzt, Zusammengefügt oder Zusammenkombiniert.
„Alle Dinge dieser Welt", so
sagt der Buddha, „sind nur Zusammenhäufungen oder Verbindungen".
Das bedeutet, sie existieren
nicht aus sich selbst heraus, sondern sind aus verschiedenen Dingen
zusammen gesetzt. Ob es ein riesiger Berg oder ein winziges Senfkorn
ist, alles ist nur eine Verbindung von mehreren Dingen. Nichts ist eine
geschlossene Einheit in sich, nichts ist eine Wesenseinheit - egal wie
groß oder klein es ist. Weder Sonne noch Mond noch das kleinste
Sandkörnchen sind eine Wesenseinheit. Jedes dieser Dinge ist ein
sankhâra - eine Verbindung von mehreren, verschiedenen Dingen.
Diese Dinge erscheinen uns
als geschlossene Einheiten wegen der Fehlbarkeit unserer
Sinneswahrnehmung, d.h. wegen unserer beschränkten Fähigkeiten zu sehen,
zu hören, zu riechen, zu tasten, zu schmecken und zu denken. Die
Wissenschaft hat diese Ansicht akzeptiert, nämlich dass unsere Sinne
keine unfehlbare Führung für uns sind. Eine „dauerhafte" Wesenseinheit
ist nur ein Konzept, nur ein Begriff. In der Wirklichkeit existiert sie
nicht.
In den berühmten
Dialogen zwischen dem König Milinda und dem Mönchen Nâgasena versucht
letzterer dem König das Gesetz der sankhâra zu erklären, indem er den
König über die Art und Weise befragt, wie er denn zu ihm gereist sei; ob
zu Fuß oder zu Pferd? Der König antwortete ihm, dass er mit einer
Kutsche gekommen sei. „Eure Majestät", fragte
Nâgasena, „Wenn ihr mit einer Kutsche gekommen seid, so erklärt mir
diese Kutsche. Ist die Deichsel die Kutsche?" „So kann man es nicht
sagen." „Ist die Achse die Kutsche?" „Nein, so ist es nicht." „Dann ist
wohl das Wagengestell die Kutsche?" „Nicht wirklich", antwortete der
König weiter. „Ist die Fahnenstange die Kutsche?" „Nein." „Ist dann das
Gelenk die Kutsche?" „So kann man es auch nicht sagen". „Sind dann die Zügel oder der Anspornstock die
Kutsche?" - erkundigte sich Nâgasena weiter - „Nein, so ist das nicht",
gab ihm der König schließlich zur Antwort. „Wo dann, oh König", fragte
ihn Nâgasena weiter", ist nun diese Kutsche, in der ihr angeblich
gekommen seid? - Ihr seid ein mächtiger König hier in Indien und doch
sprecht ihr eine Lüge, wenn ihr sagt, es gäbe keine Kutsche!"
Durch diese Art reiner
Analyse, dadurch, dass das Ding, was als Kutsche bekannt ist, in seine
Bestandteile auseinander genommen wurde, war es Nâgasena möglich, den
König davon zu überzeugen, dass eine Kutsche als solche nicht existiert,
sondern daß sie nur aus zusammengesetzten Teilen besteht. Worauf der
König antwortete: "Ehrenwerter Nâgasena, ich sprach keine Lüge. Die
Bezeichnung 'Kutsche', ist nur ein Ausdruck der Sprache, eine Benennung,
ein Begriff, eine angemessene Bezeichnung für Deichsel, Achse, Räder und
Fahnenstange."
In der
gleichen Weise sind auch 'Mensch' - 'Mann' - 'Frau' - 'Ich' - nur Namen
und Bezeichnungen und nicht Ausdruck für etwas, das tatsächlich
existiert. Der Begriff sankhâra bezieht sich nicht nur auf Verbindungen
der materiellen Welt und der zur materiellen Welt gehörigen Qualitäten,
benannt als 'Körperlichkeit' (rûpa), sondern bezieht sich auch auf den
Geist und die dazugehörigen Funktionen, benannt als 'das Geistige'
(nâma). So ist auch der Geist wie der Körper, nur eine Zusammenfügung
oder Kombination.
Wenn
gesagt wird, dass der Geist eine Zusammenfügung verschiedener Gedanken
ist, bedeutet das nicht, dass diese verschiedenen Gedanken zur gleichen
Zeit im Geist vorhanden sind - so wie etwa die verschiedenen Teile der
Kutsche zur gleichen Zeit vorhanden sind. Sondern damit ist eine
Aneinanderreihung von Gedanken, eine nicht endende Folge von Gedanken
gemeint. In einem Moment entsteht ein Gedanke des Hasses, danach ein
Gedanke der Trauer, dann ein Gedanke an eine unerfüllte Aufgabe und dann
wieder der Ausgangsgedanke des Hasses usw. usw. In einer endlosen
Abfolge. Jeder Gedanke entsteht - bleibt eine Weile - und vergeht
wieder. Diese drei Stufen des 'Seins' kann man auch hier finden:
Entstehen, verweilen, vergehen. Gedanken entstehen, einer folgt dem
anderen mit solch großer Schnelligkeit in der Abfolge, daß die Illusion
eines permanenten, dauerhaften Dinges, genannt Geist, entsteht. Aber in
Wirklichkeit gibt es kein permanentes, dauerhaftes 'Ding', sondern nur
einen Strom von Gedanken. Die schnelle Abfolge der Gedanken kann man mit
dem fließenden Wasser in einem Fluss vergleichen. Ein Tropfen folgt dem
anderen in rasender Geschwindigkeit, so dass wir eine scheinbar
permanente Einheit in diesem Fluss sehen. Aber das ist eine Illusion. In
gleicher Weise ist auch das Bewusstsein keine bleibende Einheit. Es ist
nur die Abfolge, ein Strom von Gedanken, die entstehen und wieder
vergehen. Wenn ich sage, dass ich heute Morgen einen Fluss überquert
habe und ihn abends wieder überquerte, war dieser Fluss am Morgen der
selbe wie abends? Wenn ich ihn Mittags überquert hätte, welchen Fluss
hätte ich dann überquert? Untersuchen wir diese Fragen, sehen wir, dass
dieser Fluss in jeder Stunde, jeder Minute, ja
jeder Sekunde ein anderer ist. Wo ist dann dieses dauerhafte Ding, das
wir Fluss nennen? Ist es das Flussbett oder sind es die Ufer? Wir sehen
also, daß es da nichts gibt, auf das wir zeigen und sagen können: „Das
ist der Fluss." Fluss existiert nur als Name. Es ist eine angemessene,
konventionelle Bezeichnung für ein stetiges, ununterbrochenes Fließen
von Wassertropfen. Genauso verhält es sich auch mit unserem Geist. Er
ist ein stetiger Strom von Gedanken. Können Sie auf einen beliebigen
Gedanken, der gerade durch Ihren Geist zieht, zeigen und sagen: „Das
hier ist wirklich mein Geist - mein dauerhafter Geist!?" Ein Gedanke des
Ärgers gegen irgend eine Person entsteht. Wenn dieser Gedanke mein
unvergänglicher Geist ist, wie kommt es, daß zu einer anderen
Gelegenheit ein Gedanke der Liebe entsteht? Wenn das auch mein Geist
ist, dann gibt es also zwei sich widersprechende Geist(er)? Wenn wir uns
auf dieser Ebene weiter befragen, kommen wir zu dem unumgänglichen
Schluss, dass es so etwas wie einen permanenten Geist nicht gibt. Es ist
nur eine angemessene Bezeichnung für einen unablässigen, vielgestaltigen
Strom von Gedanken - die entstehen und wieder vergehen. 'Geist'
existiert als Wesenseinheit in Wirklichkeit nicht. Ihn gibt es nur als
Namen, als Ausdruck für eine Abfolge von Gedanken: Kutsche - Fluss -
Körper - Geist, - sind alles nur Verbindungen. Aus sich selbst heraus
und als unabhängige Verbindungen existieren sie nicht. Es gibt in ihnen
nichts wirklich Stabiles, nichts was mit einer (unveränderlichen)
Wirklichkeit übereinstimmt, nichts Permanentes, keine ewige
immerwährende Substanz oder Seele. Wenn der Körper also nur ein Name für
die Verbindung verschiedener sich ständig ändernder Faktoren ist und der
Geist in gleicher Weise nur ein Name für eine Abfolge von Gedanken, ist
die psycho-physische Kombination, genannt Mensch, auch keine
Wesenseinheit, außer im Gebrauch konventioneller Ausdrucksweise. Wenn
wir sagen: Eine Kutsche fährt, und ein Mann läuft, ist das nur im
übertragenem Sinne und auf konventioneller Ebene korrekt. In
Wirklichkeit gibt es nur Bewegung - es gibt nur ein Laufen. Deswegen
steht in der Visuddhi Magga geschrieben:
Nicht findet man der Taten Täter Kein Wesen, das die Wirkung trifft Nur leere Dinge ziehen vorüber Wer so erkennt hat rechten Blick.
In wie weit ist diese kalte
und schonungslose Untersuchung von Körper und Geist wichtig in Bezug auf
das Thema Tod? Wenn uns eine Analyse zeigt, dass es keine 'Person',
sondern nur Abläufe gibt, dass es keinen Täter, sondern nur die Taten
gibt, kommen wir dann nicht zu dem Schluss, daß es auch keine 'Person'
gibt, die stirbt, sondern nur den Prozess des Sterbens? Bewegung ist ein
Prozess - Laufen ist ein Prozess - und Sterben ist auch ein Prozess. So
wie es vor und hinter den Prozessen von 'Bewegung' und 'Laufen' keinen
unsichtbarer Täter gibt, so gibt es auch keinen unsichtbaren Täter vor
und hinter dem Sterbeprozess. Hätten wir die Fähigkeit, uns mehr und
mehr dieser Sichtweise des Abhidhammas anzunähern, würden wir immer
weniger an Dingen anhaften und somit immer weniger die Torheit begehen,
uns mit unseren Handlungen zu identifizieren. Langsam würden wir an
einem Punkt ankommen, wo wir diese Sichtweise verstehen könnten, so
schwierig sie auch zu verstehen ist: Dass das ganze Leben nämlich nur
ein Prozess ist. Dies ist eine der großartigsten Erkenntnisse, die über
einen verwirrten Menschen kommen kann. Es ist in der Tat eine
Offenbarung. Wenn diese Erkenntnis entsteht, vergehen alle Sorgen und
Ängste, die den Tod betreffen - dies ist eine logische Folgerung. So wie
das Licht die Dunkelheit vertreibt, so vertreibt das Licht der
Erkenntnis die Dunkelheit der Unwissenheit, der Ängste und Sorgen. Durch
Einsicht und Wissen verstehen wir, dass diese Ängste und Sorgen leer und unbegründet sind.
Es ist unheimlich einfach
diese Dinge immer wieder darzustellen und darüber zu reden! Das Schwierigste ist, sie auch zu verstehen . Warum ist das so schwer? Weil wir es gewohnt sind,
in unseren festgelegten Bahnen zu denken. Wir sind es gewohnt, die
Irrtümer in unserer Denkweise zu übersehen. Wir sind es gewohnt, uns an
falschen Punkten und auf falschen Wegen während unserer spirituellen
Reise zu orientieren. Nur widerwillig sind wir bereit, neue Wege zu
gehen. Wir selbst sind es, die sich die Vorteile von 'Rechter
Sichtweise' vorenthalten. Die festverwurzelte Gewohnheit uns mit unseren
Handlungen zu identifizieren, ist der Nährboden dieses fehlgeleiteten
Glaubens: Nämlich dass da irgendwo doch letztendlich ein subtiles ICH
hinter all unseren Handlungen und Gewohnheiten steckt. Dieses ICH ist
der Hauptschuldige, der uns ständig fehlleitet. Es gelingt uns nicht zu
erkennen, dass dieses ICH- Gefühl nicht mehr und nicht weniger als der
schlichte, einfache 'Strom des Bewusstseins' ist, der sich unaufhörlich
ändert. Er ist nicht einmal für zwei aufeinanderfolgende Momente der
gleiche. Ein Prof. James sagte einst, dass die Gedanken selbst der
Denker seien. In unserer Unwissenheit umarmen wir den Glauben, dass
dieses 'ICH- Bewusstsein' ein Hinweis für die Existenz einer subtilen,
schwer fassbaren Seele ist.
Der Geist reagiert immer nur auf Objekte. Wenn wir
gehen, erkennen wir nicht, dass es einfach nur der Prozess des Gehens
ist - und sonst nichts. Und wieder umarmen wir den Trugschluss, dass es
etwas in uns gibt, dass das Gehen lenkt. Wenn wir denken, glauben wir
diesem Fehlurteil, nämlich dass es jemanden in uns gibt, der denkt. Und
wieder versäumen wir zu erkennen, dass es nur der einfache Ablauf des
Denkens ist - und sonst nichts. Nur tiefgründige Meditation, wie sie in
der Satipatthâna Sutta beschrieben wird, kann uns von diesen 'Falschen
Ansichten' heilen. Wenn wir erst einmal fähig sind, uns durch die
Meditation von den uns liebgewordenen falschen Ansichten zu befreien,
werden wir fähig sein, Klarsicht zu entwickeln. Vor diesen Ansichten,
die unser Urteilsvermögen verzerren und unsere Sichtweisen über die
Dinge, wie sie sind, vernebeln, hat uns der Buddha unablässig
gewarnt.
Meditation
alleine kann uns zeigen, wie die Dinge wirklich sind. Nur dann wird in
uns die Erkenntnis entstehen: Dass es da niemanden gibt, der das Sterben
erleidet, sondern dass es nur einen Sterbeprozess gibt, genauso wie es
einen Lebensprozess gibt. Wenn wir uns darin üben und auf diesen
Grundlagen und in dieser Richtung Betrachtungen anstellen, wird es
notgedrungen dazu führen, dass wir langsam die unerwünschten und
eingefleischten Gewohnheiten der Selbst-Identifikation mit körperlichen
und geistigen Abläufen aufgeben. Diese Gewohnheit wird ersetzt durch die
ständige Betrachtung des 'Nicht-Ich' (Anatta) und 'Nicht-Mein', und:
'Dies gehört mir nicht'.
Diese Betrachtungen werden das Festhalten an unserem
geliebten EGO zu einer stufen weisen Entspannung führen. Wenn wir so
aufhören, die ICH- Illusion zu umarmen, wird der Zustand erreicht
werden, wo der Geist diese Anziehungskraft des ICHs ganz loslassen kann.
Dann werden wir fähig sein, dem Phänomen Tod gefasst und ruhig ins Auge
zu schauen.
Das Gesetz
der Vergänglichkeit.
Wir haben gesehen, wie Betrachtungen über das Gesetz
des Kamma und der Gruppen oder sankhâra zu einer korrekten Sichtweise
über den Tod verhelfen können und uns weiterhin unterstützen, dem Tod
mit einer angemessenen Einstellung zu begegnen. Da gibt es noch ein
weiteres Gesetz, dessen Kenntnis in ähnlicher Weise hilfreich sein kann.
Es ist das Gesetz der Vergänglichkeit oder auf Pali: Anicca.
Es ist das Prinzip, das der
Ersten Edlen Wahrheit vorgeschaltet ist, der Wahrheit vom Dukkha. Wegen
dieser Vergänglichkeit oder der Abwesenheit von Beständigkeit, gibt es
dieses Leiden, diese Unausgewogenheiten und Unzulänglichkeiten auf
dieser Welt. Das Prinzip der Vergänglichkeit ist durch die bekannte
Formel beschrieben:
Alle bedingt entstandenen Erscheinungen sind
vergänglich.
Nichts auf dieser Welt ist stabil oder statisch. In
der Zeit bewegt sich alles, ob es uns gefällt oder nicht. Nichts auf
dieser Welt kann das 'Fließen' der Zeit anhalten, und niemand kann Zeit
überleben. Nirgendwo gibt es Stabilität. Vergänglichkeit und
Veränderungen beherrschen die Welt. Deshalb sind alle geistigen und
körperlichen Prozesse vergänglich und flüchtig. Veränderungen mögen
langsam oder schnell vor sich gehen, wahrnehmbar oder unwahrnehmbar sein
- jedoch etwas wie Stillstand gibt es in dieser bedingten, sich ständig
ändernden Welt nicht. Auch wir, als Teil dieser Welt, verändern uns
ständig.
Ein sankhâra, so
haben wir erfahren, ist eine Verbindung von verschiedenen Faktoren.
Diese Faktoren sind auch Gegenstand der Vergänglichkeit. Sie sind in
sich unbeständige Faktoren. Deshalb ist ein sankhâra nicht nur eine
Verbindung von verschiedenen Faktoren, sondern eine sich ständig
ändernde Verbindung von sich verändernden Faktoren - und auch diese
Verbindung verändert sich ständig.
Weil es Veränderung gibt, gibt es Wachstum - weil es
Veränderung gibt, gibt es Zerfall. Wegen der Vergänglichkeit führt
Wachstum zu Verfall.
Warum müssen einst blühende Blumen welken? Weil das
Gesetz der Vergänglichkeit immer wirkt! Wegen diesem Gesetz muss die
Kraft der Jugend dem Alter weichen. Große Gebäude so hoch wie die Wolken
erbaut, müssen eines Tages wanken und fallen. Dieser Aspekt des Gesetzes
der Vergänglichkeit, der ständige Prozess der Auflösung, lässt Farben
verbleichen, Eisen verrosten und Bäume verrotten. Es müssen diese
Betrachtungen gewesen sein, die den Poeten Gray bei der Kontemplation
eines Friedhofes folgende Worte sagen ließen:
Der Stolz großer Symbole - Der helle Prunk der Macht - Was Glanz und Wohlstand - Uns
je gab - In gar nicht langer Zeit Führt der Weg der größten Herrlichkeit - auch nur bis zum Grab -
Oft ist das Wirken dieses Gesetzes nicht gleich
offensichtlich. Sogar ein Felsengebirge, das so fest und solide
erscheint, wird nicht immer so bleiben. Die Wissenschaft bestätigt uns,
dass vielleicht in vielen tausend Jahren auch dieses Felsengebirge dem
Prozess der Vergänglichkeit anheim gefallen ist. Und da wo heute ein See
ist, war vielleicht einst ein Berg.
Der Buddha sagt: Was entstanden ist - muss vergehen!
Vor vielen
'Weltperioden' waren die Erde und der Mond eins. Heute ist die Erde
immer noch ein warmer und belebter Planet, während der Mond schon lange
erkaltet und tot ist. Auch die Erde, so sagt die Wissenschaft, verliert
langsam aber sicher ihre Wärme und das Wasser. Langsam und allmählich
kühlt sie ab. In einigen Äonen wird sie kein Leben mehr tragen. Sie wird
ein kalter, lebloser Planet sein, vielleicht ein zweiter Mond. Dies ist
nur eins von vielen Beispielen, wo das mächtige Gesetz der
Vergänglichkeit seine 'Arbeit' verrichtet. Der Buddha hat also auch das
Ende dieser Welt vorausgesagt.
So wie das Gesetz der Vergänglichkeit Niedergang und
Zerfall bewirkt, so verursacht es auch Wachstum und Fortschritt. Deshalb
wird ein Same zur Pflanze, eine Pflanze zum Baum und Knospen zu Blumen.
Und noch einmal: Es gibt auch im Wachstum keine Beständigkeit. Pflanzen
müssen sterben und Blumen verwelken. Ein nicht endender Kreislauf von
Geburt und Tod, von Verbindung und Auflösung - Entstehen und Vergehen.
So sagt Shelly in angebrachter Weise:
...vom Entstehen zum Zerfall, folgt eine Welt der anderen Welt. Wie Luftblasen auf einem Fluss. Sie schäumen auf, um zu zerplatzen - Und werden dann davongetragen...
Es ist keine willkürliche
Macht, die diese Veränderungen herbeiführt, weder in fortschrittlicher
noch in rückläufiger Richtung Diese Tendenz ist in jedem Ding zu
erkennen. Das Gesetz der Vergänglichkeit (aniccatâ) ist die
Arbeitsgrundlage der Wissenschaft. Eine der größten Errungenschaften der
Wissenschaft und auch ihr größter Stolz ist die Erkenntnis: Dass es in
der organischen Welt weder Stabilität, noch Beständigkeit gibt. Es wurde
herausgefunden, dass die angenommene Eigenständigkeit des Atoms eine
Kombination verschiedener Energien ist. Während die Wissenschaft das
Gesetz der Vergänglichkeit auf physische Bereiche angewandt hat, um die
Einheit in Vielheit aufzuspalten, hat der Buddha auf Grund des gleichen
Gesetzes den gesamten Geist-Körper-Komplex und somit die scheinbare
Eigenständigkeit der Wesen in die sogenannten fünf Aggregate oder
Gruppen eingeteilt. Der Buddha hat weiterhin erklärt, warum diese
Gruppen zeitlich begrenzt sind und eines Tages zerfallen, und warum eine
neue Zusammensetzung nach der Auflösung der Gruppen entstehen muss.
Alles bewegt sich auf der Grundlage eines dreifachen Prinzips: Entstehen
- Verweilen - Vergehen. Sogar im Falle eines Gedanken sind diese Stufen
gegenwärtig.
Als der
Buddha die vier Hauptelemente der materiellen Welt als Gegenstand des
Gesetzes der Vergänglichkeit aufzeigte, zeigte er weiter, daß eben auch
dieser aus den Hauptelementen bestehende Körper notwendigerweise
Gegenstand des gleichen Gesetzes sein muss!
„Gibt es irgend etwas an diesem unserem Körper", so
fragte der Buddha, „wovon wir mit Recht sagen könnten: Dies bin 'ICH'
oder das ist 'MEIN'? - Nein wahrlich, kein 'Selbst' ist da zu finden."
Je früher jemand die
Arbeitsweise dieses Gesetzes zu schätzen lernt, desto eher wird er fähig
sein, es in seinem Leben anzuwenden. Er wird seine Lebensweise, seine
Art zu denken, zu sprechen und zu handeln darauf abstimmen, so dass
dieses Gesetz ihm von Nutzen ist. Der Mensch, der die subtile
'Arbeitsweise' der Vergänglichkeit kennt, wird auch erkennen, wie sich
geistige Prozesse durch zweckmäßiges Handeln ändern. Wie tief auch immer
jemand in Unheilsames verstrickt sein mag, er wird dieses Unheilsame
nicht als eine dauerhafte Behinderung betrachten: Denn er weiß, daß sich
der 'unheilsame' Geist auch ändert. Er weiß, dass durch die ständige
Betrachtung des Heilsamen oder Guten, auch heilsame Gedanken im Geist
entstehen. Die ständige Überlegung von Heilsamem wird heilsame Tendenzen
im Geist entstehen lassen. Diese heilsamen Tendenzen werden die
Unheilsamen langsam entfernen. Ein Prozess, der ihm einst unmöglich
erschien. Wenn seine Gedanken und seine Tendenzen sich in eine bessere
Richtung verändern, wenn sein Geist von guten Tendenzen durchdrungen
ist, wird sich die Qualität der Handlung und der Sprache automatisch
ändern. Eine angenehme Überraschung. Durch die erworbene Fähigkeit,
moralische Prinzipien (sila) immer besser einhalten zu können, ist eine
immer tiefere Konzentration des Geistes (samâdhi) möglich. Die
zunehmende Kraft der Konzentration beschleunigt die Schritte, um die
höchste Weisheit (Paññâ) zu erlangen. So verändert sich Unheilsames in
Heilsames. Ein 'schlechter' Mensch wird ein 'guter' Mensch. Durch zielgerichtetes Einsetzen kann uns das Gesetz
der Vergänglichkeit somit großen Nutzen bringen. Er wurde nun ein guter
Mensch im wahrsten Sinne des Wortes; und ein guter Mensch ist immer ein
glücklicher Mensch. Er fürchtet den Tod nicht, weil er ein kommendes
Leben nicht fürchtet. Von einem solchen Menschen wird in dem Dhammapada
gesagt:
Wer Gutes wirkt,
wer Gutes tut, der ist glücklich in dieser Welt -
der ist glücklich in der nächsten Welt - der ist glücklich in beiden Welten.
Die starke Veränderung, die
in seinem Leben vollbracht wurde, wird ihm nach Zerfall des Körpers eine
Geburt in glücklicher Form versichern. Ein Resultat, das er
vertrauensvoll im Moment des Todes erwarten kann. Der Tod bereitet ihm
keine Schrecken und Ängste mehr. Und weiter noch: Wenn jemand über die
Wirkungsweise des Gesetzes der Vergänglichkeit in Bezug auf seinen
eigenen Körper und Geist und den anderer gründliche Betrachtungen
durchführt, erwirbt er sich eine enge Vertrautheit mit der
Vergänglichkeit. Der Tod wird nicht mehr als etwas Grauenhaftes und
Unnatürliches erscheinen. Er wird nur ein anderes Beispiel für den
Prozess der Vergänglichkeit sein, dessen Gegenstand man ja seit seiner
Geburt ist. Man wird ihn als etwas zu Erwartendes betrachten, etwas das
geschehen muss. Etwas, das im Einklang mit dem
steht, was auch schon früher geschah. Für jemand, der den Tod in dieser
Art betrachtet, gibt es nichts zu fürchten. Gelassen und ohne Angst kann
er so dem Phänomen Tod ins Auge schauen.
Die 'Bedingte
Entstehung'.
Es
gibt noch einen anderen Gesichtspunkt, von dem aus wir den Tod studieren
können. Es ist das Gesetz der 'Bedingten Entstehung', das sehr eng mit
dem Gesetz von aniccâ, der Vergänglichkeit, verknüpft ist. Sankhâras
sind nicht nur aus vielen Dingen zusammen gesetzt, sondern auch durch
verschiedene Dinge bedingt. Wenn diese bedingenden Faktoren aufhören zu
existieren, hört auch das Ding auf zu existieren, das aus ihnen zusammen
gesetzt ist. Das ist das Gesetz der 'Bedingten Entstehung' und wird
vereinfacht folgendermaßen beschrieben:
Wenn dies existiert, existiert auch jenes. Wenn das
zum Entstehen kommt, kommt auch jenes zum
Entstehen. Wenn dieses nicht ist, ist auch jenes nicht. Wenn dieses
vergeht, vergeht auch jenes.
Da dieses Prinzip universell
anwendbar ist, liegt auch der Prozess von Leben und Tod in seinem
Geltungsbereich. Die Kette der lebens-bedingenden Faktoren besteht aus
zwölf Gliedern. Sie ist bekannt unter dem Namen: Paticca Samupada , das
Gesetz der 'Bedingten Entstehung'. Eine Kenntnis dieses Gesetzes ist von
höchster Wichtigkeit. In der Mahâ Nidâna Sutta der Digha Nikâya, sagt
der Buddha zu Ananda: „Es ist wegen des Nicht-Verstehens, des
Nicht-Durchdringens dieser Lehre, weshalb die Wesen wie eine Rolle Garn
verstrickt sind."
Die
Formel der 'Bedingten Entstehung' lautet wie folgt:
Bedingt durch die
Unwissenheit, entstehen Aktivitäten Bedingt
durch Aktivitäten , entsteht Bewusstsein Bedingt
durch Bewusstsein, entsteht Körperliches & Geistiges Bedingt durch Geistiges & Körperliches,
entstehen die sechs Grundlagen (für geistige Vorgänge) Bedingt durch die sechs Grundlagen, entsteht Kontakt
Bedingt durch Kontakt, entsteht das Gefühl Bedingt durch das Gefühl, entsteht Begehren Bedingt durch Begehren, entsteht Anhaftung Bedingt durch die Anhaftung, entsteht der
Werdeprozess Bedingt durch den Werdeprozess,
entsteht Geburt Bedingt durch die Geburt,
entstehen Altern und Tod.
Dieser Prozess wirkt ständig (ad infinitum), und so
wurde gesagt:
Immer und
immer wieder sehnen sich Unwissende nach neuer Geburt Immer und immer wieder kommt die Geburt und kommt
der Tod Immer und immer wieder tragen uns die
Menschen zu Grabe.
Dieses
wichtige Gesetz ist leichter beschrieben, als es verstanden werden kann.
Es ist eine der wichtigsten Lehren, die der Buddha jemals gab. Nur
intensives und häufiges Bedenken dieser Lehre wird uns die tiefe
Bedeutung offenbaren.
An
dieser Stelle wird es uns nicht möglich sein, die zwölf Glieder in allen
Einzelheiten zu besprechen. Um aber gewisse Mißverständnisse zu klären,
die es über das Thema Tod gibt, ist es notwendig, einige Betrachtungen
über das erste Glied - avijjâ, oder die Unwissenheit, anzustellen.
Danach werden wir auch das zweite und dritte Glied besprechen
(Aktivitäten & Bewusstsein). Es sind diese beiden Glieder, die mit
Tod und neuer Geburt eng verbunden sind.
(Es muss verstanden werden, dass diese zwölf Glieder
nicht nur eine reine Abfolge von Ursache und Wirkung, eine gerade Linie
von Aktion und Reaktion darstellen. Es ist nicht richtig, sie als eine
ursächliche Kette zu bezeichnen, weil es keine Kette von Ursachen in
reiner zeitlicher Abfolge ist. Einige der Glieder (obwohl nicht alle)
entstehen gleichzeitig, und die Verbindung bzw. Verknüpfung zwischen dem
einen und dem nächsten Glied ist eher eine Bedingung als eine Ursache.
Es gibt 24 Arten von Bedingungen (paccaya), die zwischen einem und dem
nächsten Glied wirken können. Jedes Glied ist sowohl bedingend als auch
bedingt. Viele dieser Glieder arbeiten sowohl gleichzeitig als auch
voneinander abhängig.)
Hier nun einige Beobachtungen über das erste Glied:
Avijjâ, oder die Unwissenheit. Wenn gesagt wird, dass die Unwissenheit
das erste Glied der 'Bedingten Entstehung' ist, heißt das nicht, dass
Unwissenheit die erste Ursache für die Existenz ist. Der Buddha hat
ausdrücklich gesagt, dass eine erste Ursache nicht zu sehen, nicht zu
finden ist.
„Ihr Mönche,
ohne Anfang ist der Lauf der Existenz. Ein Anfang ist nicht zu sehen."
B. Russell sagte, dass
es keinen Grund gäbe anzunehmen, 'daß diese Welt einen Anfang hatte. Die
Idee, dass Dinge einen Anfang haben müssten, sei Zeugnis für die Armut
unserer Vorstellungskraft'. Die Unwissenheit ist nicht die erste Ursache
aller Dinge. Sie ist aber das erste Glied der Leidhaftigkeit im Prozess
von Leben und Tod von uns Menschen. Alle zwölf Glieder sind
weiterführende Faktoren. Nur wenn wir tiefgründige Betrachtungen darüber
anstellen, werden wir von dieser Wahrheit überzeugt sein: Dass es
nämlich keinen Anfang von einem Geschehen geben kann, das auch kein Ende
hat.
Was bedeutet -
'Unwissenheit' - die das erste Glied dieser Reihe darstellt? Es ist das
'Nicht-Wissen', das 'Nicht-Kennen' der wesentlichen Tatsachen der
Existenz. Nämlich das
1.
'Nicht-Kennen' der Tatsache, der Leidhaftigkeit oder Unzulänglichkeit,
2.
das 'Nicht-Kennen' des Entstehens der Leidhaftigkeit,
3.
das 'Nicht-Wissen' der Tatsache, dass es ein Ende der Leidhaftigkeit
gibt, und
4.
das 'Nicht-Kennen' des Weges, der aus der Leidhaftigkeit herausführt.
Mit
anderen Worten: Die Unwissenheit bezieht sich auf das 'Nicht-Wissen',
das 'Nicht-Kennen' der 'Vier Edlen Wahrheiten', wie der Buddha sie
genannt hat. Unwissenheit ist immer ein gefährlicher Zustand. In einem
solchen Zustand ist man jedem und allem auf Gnade und Ungnade
ausgeliefert.
Unwissenheit ist der Verursacher dieser trostlosen Runde. Nicht zählbar sind Geburt und Tod Für den, der weiß, gibt es kein Später, es wartet keine Zukunft mehr.
Das zweite Glied der
'Bedingten Entstehung' sind die Aktivitäten (Sankhâra). Damit sind
Handlungen gemeint, denen eine Absicht, ein Wille vorausgeht. Die Formel
besagt: „Bedingt durch Unwissenheit entstehen Aktivitäten." Das
bedeutet, daß das 'Nicht-Wissen', die 'Nicht-Kenntnis' von wesentlichen
Tatsachen des Lebens ein bedingender Faktor für die willentlich
ausgeführten Handlungen der Menschen ist. Nur das Wissen und die
Einsicht in die 'Vier Edlen Wahrheiten' befähigen den Menschen, die
Dinge zu sehen wie sie wirklich sind. Die 'Nicht-Kenntnis' dieser
Wahrheiten hindert den Menschen daran, die Dinge zu sehen, wie sie
wirklich sind. Deshalb handelt er auf so verschiedene Art und Weisen.
Diese Handlungen sind nicht nur das Ergebnis der Unwissenheit, sondern
sie dienen auch weiterhin als Grundlage für weiteres absichtliches
Handeln; und das solange wie es Existenz gibt. Diese absichtsvollen
Handlungen oder geistigen Energien sind mannigfaltig. Deshalb kann man
sankhâra in der Reihe der 'Bedingten Entstehung' auch als 'Kamma' oder
als absichtsvolles Handeln bezeichnen. (siehe FN 30)
(Das erste Glied, die
Unwissenheit (avijjâ) und das zweite Glied, Aktivitäten (sankhâra)
beziehen sich auf eine vorhergehende Geburt. Die folgenden acht Glieder
beziehen sich auf eine gegenwärtige Existenz, und die beiden letzten
Glieder auf eine zukünftige Existenz.)
Das dritte Glied ist Bewusstsein (viññâna).
Die Formel besagt: „Bedingt
durch Aktivitäten ist Bewusstsein".
Mit Bewusstsein ist hier das Bewusstsein gemeint,
das etwas verbindet. Es wird auch 'Verbindungs-Bewusstsein' oder
'Wiedergeburt-Bewusstsein' genannt.
Diese Formel der 'Bedingten Entstehung' besagt, dass
'bewusstes Leben' eines Menschen in dieser gegenwärtigen Geburt durch
seine beabsichtigten Handlungen bedingt ist, d.h. durch die heilsamen
und unheilsamen Handlungen (Kamma) eines vorhergehenden Lebens. Mit
anderen Worten: Das Bewusstsein eines gegenwärtigen Lebens ist bedingt
durch vergangene, willentlich begangene Handlungen. Diese Formel ist von
höchster Wichtigkeit, weil sie die Verbindung eines vergangenen Lebens
mit dem gegenwärtigen Leben beschreibt, und so von 'Wiedergeburt' oder
neuer Geburt spricht. Deswegen wird dieses dritte Glied als
'Verbindungs'- oder 'Wiedergeburts'-Bewusstsein bezeichnet.
Man mag sich fragen, wie
absichtsvolle Handlungen eines vergangenen Lebens eine gegenwärtige
Geburt bedingen können. Die materiell orientierte Wissenschaft versucht,
'Geburt' nur auf den Grundlagen der gegenwärtigen Existenz zu erklären.
Die Biologie sagt, dass die Vereinigung von Vater und Mutter die Geburt
bedingt. Der Buddha erklärte, dass diese beiden bedingenden Faktoren
alleine noch nicht ausreichend sind, um eine Geburt zum Entstehen zu
bringen. Wenn es so wäre, dann müsste ja jede Vereinigung von Vater und
Mutter zu einer Geburt führen. Diese beiden Faktoren sind rein
materieller Natur. Es ist unlogisch anzunehmen, dass ein
psycho-physischer Organismus, eine Verbindung von Körper und Geist, die
wir Mensch nennen, aus rein materiellen Elementen entstehen könnte, das
heißt: Ohne das Einwirken eines geistigen oder mentalen Faktors. Deshalb
sagt der Buddha, daß ein dritter Faktor notwendig ist, der sich mit den
rein materiellen Faktoren von Sperma und Ei verbindet. Diesen dritten
Faktor nennt man 'Verbindungs-Bewusstsein' (patisandhi-viññâna).
Ein Docht und etwas Öl sind
noch nicht ausreichend, um eine Flamme zum Entstehen zu bringen. Auch
wenn man den Docht in ein Ölfass wirft, wird noch keine Flamme
entstehen. Wenn wir einen Docht aus leicht entzündbarem Material nehmen,
würde immer noch keine Flamme entstehen können. Erst wenn ein Funke auf
diese Verbindung von Docht und Öl trifft, wird es eine Flamme geben.
Wir haben gesehen, dass
Handlungen der Vergangenheit gewisse Energien aufweisen, geistige
Energien. Vergangene Handlungen (Kamma) sind potent genug, um die
Entstehungsgrundlage für ein Wesen zu werden, das im Einklang mit noch
anderen Faktoren an einem entsprechenden Ort entsteht, d.h. geboren
wird. Es sind diese Energien (vergangener Handlungen), die das dritte
Glied, das 'Verbindungs-Bewusstsein', bedingen. Es wird ersichtlich, daß
diese mächtigen Energien mit physischen Gesetzen zusammenwirken müssen,
um die Form eines Embryos im Mutterleib erzeugen zu können.
So wie der Schlaf kein
Hindernis für die Fortdauer körperlicher Vorgänge ist, weil
Gesetzmäßigkeiten, wie das der Lebenserhaltung, weiterhin wirken, so ist
auch der Tod kein Hindernis für das Fortbestehen eines Wesens. Dieses
Wesen wird nur auf eine andere, angemessene Ebene oder in einen anderen
Bereich umgeformt (transformiert), wo es 'wiedergeboren' wird, das heißt
'weiterleben' muss. Dies ist das Ergebnis und die Folge des
Lebenswillen, das heißt des Wunsches, im Moment der Körperauflösung
(sprich: Tod) unvermindert weiter existieren zu wollen. Der Lebensstrom,
der Prozess des Seins, setzt sich in dieser Weise fort. Die kammischen
Kräfte, die ihn erzeugen, geben ihm Form und Gestalt in einer neuen,
angemessenen Daseinsform. Sie versehen ihn mit neuen Charakterzügen und
versichern ihm eine 'Heimat und einen Namen'.
Ein Same, der mit Erde in
Verbindung kommt, entwickelt sich zu einer Pflanze. Die Pflanze benötigt
allerdings noch andere Faktoren außer dem Samen und der Erde, die nicht
gleich offensichtlich sind, wie z.B. Licht, Luft und Feuchtigkeit. Es
ist das Zusammenwirken all dieser Faktoren, die die Geburt einer Pflanze
so ermöglichen. Die nicht offensichtlichen Faktoren, die die Geburt
eines Wesens bedingen, sind die auslaufenden kammischen Energien eines
sterbenden Menschen. Mit anderen Worten: Die erzeugende Kraft des
'Willens zu leben'.
Gibt
es einen Grund den Einfluss vergangener Handlungen anzuzweifeln, die
eine gegenwärtige Existenz erzeugen können? Zweifeln Sie daran, dass
Aktivitäten in einer gegenwärtigen Existenz, das Bewusstsein in einer
anderen Existenz bedingen können? Wenn das so ist, stellen Sie einmal
Betrachtungen über die unablässige und mannigfaltige Natur menschlicher
Aktivitäten an. Über die Besonderheiten des menschlichen Lebens, das
unfehlbare Merkmal jeden Augenblicks einer individuellen Existenz. Wenn
Sie die Tatsachen der unablässigen, mannigfaltigen Natur menschlicher
Aktivitäten ausreichend erfasst haben, fragen Sie sich: Wer oder was
treibt diese Aktivitäten an? Eine kurze Betrachtung darüber wird uns
zeigen, dass die menschlichen Aktivitäten durch eine Vielzahl von
Wünschen und Begierden angetrieben werden, die letztendlich auf den
'Willen zum Leben' zurückzuführen sind. Dieser Lebenswille, oder wie
immer wir es nennen wollen, begründet alle Handlungen. Wir essen, wir
verdienen, wir erwerben, wir kämpfen, wir entwickeln, wir hassen, wir
lieben, wir planen, wir betrügen - und das alles nur, um das Leben
aufrecht erhalten zu können. Sogar der Wunsch Selbstmord zu begehen
entsteht, so widersinnig es klingen mag, aus dem Wunsch zu leben:
Nämlich frei von Verstrickungen, Problemen und Enttäuschungen.
Bedenken Sie einmal die
zahlreichen Handlungen, die durch Wünsche angetrieben werden; und die
daraus entstehenden Wirkungen (Resultate), die sich auf Grund der
Handlungen angehäuft haben.
Aktivitäten, die wir Tag für Tag, Stunde um Stunde,
Minute um Minute ausführen. Und das über Jahrzehnte hinweg. Dies ist
alles Kamma. Es sind frei gewordene Energien. Dies alles sind starke
schöpferische Kräfte, die in dieser Weise erzeugt werden. Es ist
schwierig sich vorstellen zu können, dass mit dem Ende dieses Lebens
auch alle 'Wunsch-Kräfte', die das Leben hervorbrachte, zu Ende gehen
sollen. In einem gegebenen Moment unseres Lebens wird es immer ein
Ungleichgewicht von unvorhergesehenen, unausgewogenen kammischen
Energien geben. Diese Mächte, Energien oder Kräfte beinhalten in sich
selbst die Potenzen für die Bedingungen einer neuen, weiteren Existenz.
Diese Energien oder Kräfte sind potent genug, um Bedingungen für ein
Weiterleben zu schaffen, auch wenn der Körper, der diese Kräfte getragen
hat, aufhört zu leben. Diese Kräfte sind die letzte kammische Energie
eines sterbenden Menschen. Mit anderen Worten: Es ist die sich
fortpflanzende Macht des Lebenswillen. Kurz: Der Wille zu leben,
ermöglicht es 'wieder' zu leben. Nun können wir sehen, wie die letzte
kammische Energie eines sterbenden Menschen zum dritten Glied (in der
Reihe der 'Bedingten Entstehung') wird. Es ist der psychische Faktor
(das 'Verbindungs-Bewusstsein'), der zusammen mit den zwei physischen
Faktoren, Ei und Sperma, eine zukünftige Geburt bedingt.
Es ist das verbindende
Bewusstsein, das zum Grundstock für den neuen Geist-Körper-Komplex
(nâma-rûpa) wird. Es ist die zuletzt gewirkte, verbleibende Energie, die
durch beabsichtigte Handlungen in der Vergangenheit erzeugt wurde.
Die Wissenschaft lehrt uns,
daß Energie nicht vernichtet werden kann, sondern sie wird in andere
Energieformen umgewandelt. Warum sollten diese mächtigen Energien
vergangener Handlungen (angetrieben durch das Begehren und motiviert
durch den Lebenswillen) nicht auch weiterhin ihren mächtigen Einfluss
ausüben können? Auch wenn sie in anderer Form und anderen
Daseinsbereichen in Erscheinung treten?!
Sie könnten fragen: „Was ist das, was von einer
Existenz zur anderen 'wandert'? - 'Wandern' die kammischen Energien oder
ihre mächtigen, gewirkten Resultate? Oder 'wandert' das Bewusstsein
selbst?" Die Antwort auf alle diese Fragen ist ein entschiedenes „Nein!"
Bewusstsein 'wandert'
nirgendwohin. Aber kammische Energien der absichtlich ausgeführten
Handlungen sind eine so starke Kraft oder Macht, die ihren Einfluss
ungeachtet der Entfernung wirken lassen können. Entfernung ist niemals
ein Hindernis für kammische Energien, die ständig wirken. In der
Mahâ-Tanhâ-Sankhaya Sutta der Majjhima Nikâya weist der Buddha
entschieden einen Mönchen namens Sati zurecht, der erklärte: 'Der Buddha
sagt, dass das Bewusstsein (viññâna) von einer Existenz zur anderen
Existenz 'wandert'''.
„Du einfältiger Mann," sagte der Buddha zu ihm,
„habe ich nicht oft genug erklärt, dargelegt, mit vielen Beispielen
belegt, dass Bewusstsein aus Ursachen, aus Bedingtheiten heraus
entsteht? Außerhalb dieser 'Bedingtheiten' gibt es keinen Ursprung,
keine Veranlassung für Bewusstsein."
Kein physischer Kontakt ist nötig, damit Geist
Materie beeinflussen kann. W. Crooke sagte einst in seinen Vorlesungen:
„Es ist mittlerweile durch Experimente bewiesen, dass der Geist durch
eine Willensanstrengung Materie bewegen kann." Wenn Materie, auf die die
geistige Energie gerichtet ist, weit entfernt liegt, z.B. in anderen
Bereichen oder Daseinswelten, so ist es nur eine sprachliche Bezeichnung
oder Benennung, wenn wir sagen, dass Kamma oder die Energie 'gewandert'
ist. Der Buddha hat durch viele Gleichnisse aufgezeigt, dass es nichts
gibt, dass 'wandert' oder von dem einen Leben ins andere hinübergeht. Es
ist nur ein Prozess, wobei eine Bedingung eine andere Bedingung
entstehen lässt. Die gewirkten kammischen Energien menschlicher
Handlungen sind so mächtig, dass sie die Gestalt eines Embryos in einem
Daseinsbereich bedingen, und ihm Bewusstsein geben können.
Ein wichtiger Punkt sollte
nicht übersehen werden!
Das 'Verbindungs-Bewussßtsein' entsteht nur im
ungeborenen Kind. In der vorgeburtlichen Entwicklungsstufe existiert das
'Verbindungs-Bewusstsein' nur passiv und nicht aktiv (bhavanga-Zustand).
Das 'Kind' ist immer noch Teil der Mutter und besitzt weder eine
eigenständige, unabhängige Existenz, noch kann es mit der Außenwelt
Kontakt aufnehmen. Der erste volle, selbständige Bewusstseinsprozess
kommt erst dann zustande, wenn das Kind geboren wird, eine eigenständige
Existenz annimmt und so mit der Außenwelt Kontakt aufnehmen kann. (Der
vorgeburtliche unbewußte bhavanga-Zustand weicht dem ersten
Bewusstseinsprozess des geborenen Kindes.)
Entfernung ist kein Hindernis für den Verlauf von
Ursache und Wirkung. Erwähnt wurde schon die Ermahnung, die der Buddha
dem Mönch Sati für die falsche Behauptung erteilte, der Buddha lehre:
'Das Bewusstsein 'wandert' von einer Existenz zur anderen'.
In dem
'Verbindungs-Bewusstsein' verbleibt die ganze Energie des vorhergehenden
Bewusstseins. Der Embryo ererbt dann nicht nur die Charakterzüge seiner
neuen Eltern, sondern auch die Eindrücke der vergangenen Erfahrungen des
gestorbenen Menschen. (Deswegen kann man gewisse Charaktereigenschaften
in einem Menschen vorfinden, die nicht auf die Vererbung zurückzuführen
sind. Wie verschiedene Charakterzüge die z.B. in Zwillingen vorzufinden
sind, obwohl sie die gleichen Eltern haben und unter gleichen Umständen
aufwachsen.)
Wir haben
den Tod nun von verschiedenen Blickwinkeln aus untersucht. Aus welcher
Richtung wir ihn auch betrachten, er ist ein eingegliederter Teil des
großen Lebensprozesses.
Der Tod ist vergleichbar mit dem Zerbrechen einer
Glühbirne. Das Licht ist erloschen, aber den Strom gibt es immer noch.
Wenn eine neue Glühbirne angebracht wird, erscheint auch wieder das
Licht. In ähnlicher Weise verhält es sich auch mit der Beständigkeit des
Lebensstroms. Das 'Zerbrechen' des gegenwärtigen Körpers vernichtet
nicht den 'Strom' kammischer Energie. Sie wird sich wieder in einem
angemessenen neuen Körper manifestieren. Das Beispiel mit der Glühbirne
passt allerdings nicht ganz, denn es gibt keine gesetzmäßige Kraft, die
eine neue Glühbirne und den Strom wieder zusammenbringen.
Beim Entstehen eines neuen
Körpers verhält es sich so, daß die Art und Weise des geführten Lebens,
die Qualität der Gedanken und die Qualität der gewirkten Handlungen
stark genug sind, um ein sofortiges 'Verbindungs-Bewusstsein' von
gleicher Qualität zu erzeugen. Dies geschieht nach dem Prinzip: Gleiches
zieht Gleiches an. Mit anderen Worten: Der sterbende Mensch fühlt sich
zu einer Umgebung hingezogen, die er sich selbst durch seine Gedanken,
seine Worte und seine Handlungen gestaltet hat. Die Bedingungen des
kommenden Lebens sind davon abhängig.
In jedem Moment gestalten wir unsere eigene
Zukunft. Deswegen sollten wir jeden Moment aufpassen und achtsam sein.
Könnten wir uns das unermessliche Ausmaß der Vergangenheit und das der
Zukunft auch nur vorstellen, so würde die Gegenwart ihre scheinbar
verlockende Bedeutung verlieren. Könnten wir die endlose Reihe der
zahllosen Geburten und Tode sehen, durch die wir alle schon gegangen
sind, und die zahllosen Geburten und Tode, die noch auf uns warten,
würden wir sicherlich nicht nur diesen einen Tod fürchten, der dieses
Leben beenden wird. Ein einziger Tod aus einer unüberschaubaren Serie
von Geburt und Tod: Entstehen - Vergehen, Erscheinen - Entschwinden. Das
ist es, was den endlosen Prozess des Samsâras ausmacht.
Der
Werdeprozess.
Es gibt eine weitere Möglichkeit den Prozess des
Todes zu verstehen. Es sind Betrachtungen über das 'Werden' oder auf
Pali Bhava, das mit dem Gesetz der Vergänglichkeit eng verknüpft ist.
'Werden' oder 'Werdeprozess' ist auch ein Glied in der Reihe der
'Bedingten Entstehung'. Nach buddhistischer Weltanschauung ist das
'Werden', genauso wie das Gesetz der Vergänglichkeit ständig am Wirken
und auf alles anwendbar. Während das Gesetz der Vergänglichkeit besagt,
dass es nichts dauerhaftes gibt, sondern sich alles ständig ändert,
beschreibt der Werdeprozess die ständige Wandlung eines Dinges in etwas
anderes. Die Dinge ändern sich nicht nur ständig, sondern die Natur
dieser Veränderung ist ein Prozess, ständig etwas anderes zu werden.
Egal wie kurz oder wie lange dieser Vorgang dauern mag. Das Gesetz des
Werdens ist kurz beschrieben mit: „Nichts ist -
außer 'Werden'." Ein unablässiges 'Werden' ist das Kennzeichen aller
Dinge. Eine kleine Pflanze ist ständig in dem Prozess, ein großer Baum
zu werden. Ein großer Baum ist ständig in dem Prozess, ein alter Baum zu
werden. Es gibt keinen Moment in Zeit, wo nicht irgend etwas ständig
etwas anderes wird. „Mit dem Anfang von etwas, hat auch schon das Ende
dieses etwas begonnen", sagte Rhys Davids.
Wenn wir an einem Meer stehen und beobachten, wie
eine Welle nach der anderen kommt und geht, wie eine Welle mit der
anderen verschmilzt, wie eine Welle zur anderen wird, werden wir daran
erinnert, dass alle Erscheinungen dieser Welt im ständigen 'Werden'
begriffen sind. Nehmen wir an, Sie würden eine Knospe so lange
beobachten, bis sie schließlich zur Blume geworden ist. Die Knospe würde
für uns immer gleich aussehen, bis zu dem Punkt, wo sie vor unseren
Augen zur Blume wird. Obgleich die Knospe in einem ständigen Prozess des
'Werdens' begriffen war, konnten wir während des Beobachtens keine
Veränderungen feststellen. Die Entwicklung von einem Zustand in den
nächsten ist langsam und kaum merklich. Es ist ein Werdeprozess. Wenn
wir diesen Fortgang des Werdens nicht beachten, sondern uns die Knospe
an einem Tag anschauen, und die fertige Blume an einem anderen Tag,
werden wir nur die Veränderung bemerken. Dann sehen wir auch weiterhin
nur Knospe und Blume, aber nicht den Prozess des 'Werdens'.
Wenn Sie sich ein
neugeborenes Baby zehn Jahre lang ohne Unterbrechung anschauen würden,
könnten Sie keine Veränderung feststellen. Das Baby, das um 10 Uhr
morgens geboren wurde, wird eine oder zwei Stunden später immer noch
genauso aussehen. Der eine Moment zeigt keinen Unterschied zum nächsten.
Ein Zustand verschmilzt mit dem anderen - unmerklich. Er ist jedoch in
einer Entwicklung, einem ständigen Prozess des 'Werdens' begriffen. Wenn
wir das Baby allerdings nur einmal jeden Monat sehen, werden wir die
Veränderung wahrnehmen. Dann benutzen wir die Begriffe, 'Baby' und
'Junge', und sprechen nicht mehr über die Entwicklung oder das 'Werden'.
Wenn Sie denken, Sie
könnten den Fortgang der Zeit absolut genau beobachten, versuchen Sie,
die Zeit in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft aufzugliedern, so wie
es in der Sprachlehre getan wird. Nach der buddhistischen Auffassung ist
die Zeit ein fortdauernder Prozess. Jeder bruchstückhafte Teil der Zeit
'fließt' nahtlos in den nächsten und bildet so eine ungebrochene
Kontinuität. Keine wirkliche Trennlinie kann gezogen werden, die die
Vergangenheit von der Gegenwart oder die Gegenwart von der Zukunft klar
abgrenzt. Wenn Sie sich in der Gegenwart befinden und Sie sagen zu sich
selbst: „Dieser Moment ist die Gegenwart", so werden, noch bevor Sie
diesen Satz beenden können, diese Worte in die Vergangenheit eingetaucht
sein. Die Gegenwart gleitet immer in die Vergangenheit, und die Zukunft
wird einmal zur Gegenwart. Alles ist ständig im 'Werden' begriffen. Es
ist eine universelle Gesetzmäßigkeit, ein beständiger Strom. Wenn wir
die Fortdauer von Handlungen nicht beachten, betrachten wir die
Erscheinungen als solide, beständige 'Dinge', anstatt sie in einem
Zustand des ständigen 'Werdens' zu sehen.
Biologen sagen, daß sich der menschliche Körper in
ständiger Veränderung befindet. Dass die Zellen, die den Körper
ausmachen, alle sieben Jahre ersetzt werden. Der Buddhismus sagt, dass
sich Veränderungen im Körper jeden Moment vollziehen. Nicht für zwei
aufeinanderfolgende Momente ist der Körper der selbe. Letztendlich ist
er ein Strom verschiedener kleinster Teilchen von Materie, die jeden
Augenblick entstehen und vergehen. Dieser Körper stirbt also innerhalb
seiner Existenz ständig und wird auch ständig 'wiedergeboren'. Dieser
momentane Tod findet in jedem Moment unserer Existenz statt.
In der Visuddhi Magga wird
gesagt, dass im letztendlichen Sinne die Lebensdauer der Lebewesen
extrem kurz ist, und nur so lange andauert, wie ein einziger
Bewusstseinsmoment:
„So wie das rollende Rad einer Kutsche, den Boden nur an einem Punkt seiner Umrandung
berührt, genauso lange dauert das Leben der
Wesen: Nämlich nur einen Bewusstseinsmoment. Wenn dieses Bewusstsein vergeht, vergeht auch dieses Wesen."
Wir können also sagen,
dass wir in jedem Moment unseres Lebens sterben und neu geboren werden.
Es stellt sich die Frage: „Warum sollten wir ausgerechnet den einen
Moment besonders fürchten, der das Ende unserer Existenz kennzeichnet?
Wenn es diese unzählbaren Momente des Todes schon oft gab, warum sollten
wir den letzten mehr fürchten, als all die anderen vorher?"
Das Nicht-Wissen, die
Nicht-Kenntnis der Natur der 'momentanen Tode' oder des ständigen
Sterbens lässt uns den Tod dieses einen Momentes, der das Ende unserer
Existenz kennzeichnet, besonders fürchten. Aber auch deswegen, weil der
nächste Lebensmoment weder verstanden, noch gesehen wird. Der letzte
Moment dieser Existenz ist nur einer von ungezählten Todesmomenten.
Einer, der den anderen nur gefolgt ist.
Es ist nicht nur das Leben in dieser Existenz, das
ein Werdeprozess ist. Der Werdeprozess geht auch in der nächsten
Existenz weiter, weil es ein Weiterbestehen von Bewusstsein gibt. Aus
dem letzten Bewusstseinsmoment in diesem Leben entsteht das sogenannte
'Verbindungs-Bewusstsein' des 'kommenden' Lebens. Der Prozess, dass ein
Bewusstseinsmoment den anderen nach sich zieht, geht ununterbrochen
weiter. Der einzige Unterschied besteht darin, dass der Ort, wo sich
dieser Bewusstseinsmoment zeigen wird (nach Auflösung des Körpers), ein
anderer sein wird.
Entfernung ist kein Hindernis für die Abfolge von
Ursache und Wirkung.
Das Leben ist ein Prozess von Begehren und Werden -
der Tod verändert das Ding, das wir begehren, und führt so zu neuem
'Werden'. Die Erfüllung von Wünschen ist das Merkmal, worüber
menschliches Dasein ständig besorgt ist. Es ist Begehren, das zum Werden
führt. Was ist die Ursache für Begierde? Es ist dieser 'Durst', es sind
die Wünsche, das Verlangen, der Lebenswille, das Gefühl der
Dringlichkeit, (das man in der Pali-Sprache Tanhâ nennt), das dieses
Begehren verursacht. Die kammische Energie, die aus diesem Begehren
hervorgeht ist wie Feuer. Sie ist immer und ständig am brennen. Um sich
zu erhalten, ist sie immer auf der Suche nach neuer 'Nahrung'. Es ist
immer auf der Suche nach neuen 'Dingen', um seine Existenz aufrecht zu
erhalten. Im Moment der Auflösung unseres Körpers wird die unverbrauchte
'Wunsch-Energie', dieser Rückstand kammischer Energie, nach frischer
Nahrung greifen und sich auf die Suche nach einer neuen 'Unterkunft'
machen, wo sie sich erhalten kann. In dieser Weise setzt sich ein
ständiger Strom von Begierde und von Werdeprozessen fort. Das ist es,
was man Leben nennt.
Der letzte
Moment einer Existenz.
Untersuchen wir nun diesen übermäßig gefürchteten
Moment, der das Ende einer gegenwärtigen menschlichen Existenz
kennzeichnet.
Der
körperliche Zustand eines sterbenden Menschen ist so schwach, dass der
bewussten Kontrolle des Geistes die Kraft fehlt, seine eigenen Gedanken
zu wählen. Da das so ist, kann sich die Erinnerung irgendeines starken
Eindruckes oder eines wichtigen Ereignisses aus des sterbenden Menschen
gegenwärtiger Existenz (oder seiner vergangenen Existenzen) an die
Schwelle seines Bewusstseins drängen. Diesem Gedanken, der sich so
gewaltsam Eintritt verschafft, ist er machtlos ausgeliefert. Diesen
Gedanken nennt man den maranâ-sañña-javana Gedanken. Das heißt soviel
wie: Der Gedankenimpuls, der im Moment des Sterbens ansteht. Dieser
Gedanke ist dem allerletzten Gedanken vorgeschaltet. Dieser letzte
Gedanke kann einer von drei verschiedenen Arten sein.
1. Es kann der Gedanke an
eine starke, beeindruckende Handlung sein, die der Sterbende einst
begangen hat, und die jetzt in seinem Geist in Erinnerung gerufen wird.
2. Es kann eine
beeindruckende Handlung der Vergangenheit sein, die sich in Form eines
Symbols dieser Handlung im Geist zeigen kann. Nehmen wir an, jemand hat
Geld aus einem Geldschrank gestohlen, so wird sich ihm vielleicht das
Bild des Geldschranks zeigen.
3. Diese starke beeindruckende Handlung der
Vergangenheit, kann auch durch ein Zeichen oder einen Hinweis auf den
Ort seiner 'neuen Geburt' ins Gedächtnis gerufen werden. Einem Mörder
zum Beispiel zeigt sich das Feuer der Hölle; und jemand, der viel Gutes
getan hat, hört vielleicht himmlische Musik. Dies nennt man das Zeichen
der Bestimmung. Es ist ein Symbol des Ortes der neuen Geburt.
Diese drei Arten von
Gedanken-Inhalten, die sich der Sterbende nicht bewusst aussuchen kann,
nennt man auch 'Todeszeichen'. Eins dieser drei Zeichen wird sich im
Moment des Todes sehr klar und lebhaft im Bewusstsein des sterbenden
Menschen zeigen. Je nachdem wie er gelebt hat.
Die Abfolge dieser letzten
Gedanken ist äußerst wichtig, weil sie die Qualität der nächsten
Existenz gestalten.
(Es ist vergleichbar mit den letzten Gedanken, die
jemand hat, bevor er schlafen geht. Einer dieser letzten Gedanken kann
auch wieder der erste Gedanke sein, wenn er aufwacht. Keine fremde oder
willkürliche Macht wird dies für ihn vollbringen. Er tut es für sich
selbst, auch wenn es noch so unbewusst geschieht).
Danach erst folgt der
allerletzte Gedanke, oder das sogenannte 'Sterbe-Bewusstsein' (cuti
citta).
Welche Handlungen bringen den letzten Gedanken zum
Entstehen?
1.
Die wichtigste Handlung, die ein Mensch in seinem Leben gewirkt hat, ob
heilsam oder unheilsam, wird den letzten Gedanken-Moment seines Lebens
bedingen. Diese Art der Handlung nennt man das 'Gewichtige Kamma'.
2. In den meisten Fällen
wird die Art von Handlungen zum letzten aktiven Gedanken, die ein Mensch
während seines Lebens gewohnheitsmäßig ausgeübt hat, oder zu denen er
sich am meisten hingezogen fühlt. Die grundlegenden oder maßgebenden
Gedanken seines Lebens werden im Moment des Todes herausstechen. Dies
nennt man 'Häufig geübtes Kamma'.
3. Das 'Sterbenahes Kamma': In buddhistischen
Ländern gibt es die Tradition, dass ein sterbender Mensch Gaben dem
Orden der Mönche offeriert. Es werden heilige Texte rezitiert, um dem
Sterbenden dabei zu helfen, einen heilsamen letzten Gedanken-Moment zu
haben. Aber die machtvollen eingefleischten Gewohnheiten können
dazwischen kommen, egal wie viel fromme Mönche ihm das letzte Geleit
geben. Die Erinnerung an eine unheilsame Handlung, die oft und
gewohnheitsmäßig ausgeübt wurde, kann trotzdem in sein Bewusstsein
dringen und so sein letzter Gedanke werden. Das Gegenteil kann auch
passieren. Wenn einige der letzten Handlungen oder Gedanken eines
Sterbenden sehr unheilsam sind, egal wie gut oder heilsam er vorher sein
Leben gelebt hat, dann wird dieser letzte Gedanke sehr machtvoll sein.
Es kann sein, dass dieser letzte 'schlechte' Gedanke es verhindert, die
gewohnheitsmäßig 'guten' Gedanken ins Bewusstsein einzulassen.
Im Falle der Königin
Mallika, der Frau des Königs Pasenadi, zur Zeit des Buddhas, soll dies
so gewesen sein. In ihrem Leben vollbrachte sie viele gute Taten, jedoch
im Moment ihres Todes kam die Erinnerung an eine einzige schlechte Tat
in ihr Bewusstsein. Als Resultat davon wurde sie für sieben Tage in
einem Bereich des Elends wiedergeboren. Die Wirkungen ihrer guten,
heilsamen Handlungen waren allerdings nur kurzfristig aufgeschoben.
4. Es gibt eine vierte Art
Kamma, das den letzten Gedanken zum Entstehen bringen kann. Diese vierte
Art ist dann maßgebend, wenn keines der drei vorher beschriebenen Kammas
zum tragen gekommen ist. In diesem Falle wird eine aufgespeicherte
'Reserve' aus einem vergangenen Leben ins Bewusstsein gezogen. Dieses
Kamma nennt man 'Aufgespeichertes Kamma'.
(Dieser letzte Gedanken-Prozess geht durch die
gleichen Stufen eines Vorgangs wie jeder andere Gedanke auch. Mit einem
Unterschied: Während der Wahrnehmungsvorgang bis zur vollständigen
Kenntnisnahme eines normalen Gedanken sieben Geist-Momente dauert,
dauert dieser letzte Gedanke nur fünf Geist-Momente.)
An dieser Stufe des
Wahrnehmungsvorgangs wird der Sterbende das 'Todes-Zeichen' vollständig
verstanden haben. Dann folgt die Stufe des 'registrierenden
Bewusstseins', das heißt der Moment, wo das 'Todes-Zeichen'
identifiziert worden ist. Dieses Bewusstsein dauert zwei
Gedanken-Momente und vergeht. Dann erreicht der Sterbende die Stufe, die
man Todes-Bewusstsein nennt.
Dann tritt der Tod ein.
Wie geht es
weiter?
Nun
wollen wir betrachten, was in der nächsten Existenz geschehen wird. Die
Vorbereitungen für die Ankunft des neuen Wesens werden schon getroffen.
Vorhanden sind ein männlicher und ein weiblicher Elternteil. Wie schon
in vorhergehenden Abschnitten besprochen, ist ein dritter Faktor nötig,
ein psychischer Faktor, um die Vorbereitungen für das Entstehen des
Lebens in einem Embryo zu vervollständigen. Dieser Faktor ist das
'Verbindungs-Bewusstsein'. Es wird in der kommenden Existenz an einem
angemessenen 'Ort' zum Entstehen kommen, nämlich in dem Mutterleib. Mit
der Zusammenfügung dieser drei Faktoren (Ei, Sperma &
Verbindungs-Bewusstsein) entsteht neues Leben im Leibe der Mutter. Es
gibt keine Zeitlücke. Es gibt keinen Stillstand des stetigen
'Bewusstseins-Stroms'. Sobald das Todes-Bewusstsein in dem Sterbenden
vergangen ist, entsteht das 'Verbindungs-Bewusstsein' in einer anderen
Form der Existenz.
Es
gibt nichts, das von einem Leben zu einem anderen Leben gewandert ist!!
Sogar der letzte
Gedanke ist nicht gewandert. Er hatte allerdings die Kraft, den
'Zustand' des bhavanga entstehen zu lassen.
In dem Moment der Geburt kommt eine neue,
eigenständige Existenz zum Entstehen. Durch den Kontakt mit der
Außenwelt kommt es dann zu aktiven Bewusstseinsvorgängen. Ab der Geburt
werden wieder verschiedene Handlungen ausgeübt, denen als Antrieb wieder
die verschiedenen Wünsche zu Grunde liegen. Und so geht es immer weiter.
Eine neue Runde des Lebensstroms setzt sich fort, angetrieben von
Wünschen, erzeugt durch Begierde.
Warum ist die Kenntnis des Gesetzes der
'Bedingtheiten' von Wichtigkeit, wenn es um unsere Einstellung zum Tod
geht? Sobald wir die Tatsache vollständig verstanden haben, dass der
'Lebenswille' vom einen zum anderen Leben fortbesteht, werden wir den
Standpunkt anerkennen, dass das jetzige Leben und das kommende Leben
nichts anderes als ein ständiger, fortlaufender Prozess ist. Also auch
das Leben, das diesem folgt, und alle anderen, die folgen werden. Jemand
der versteht, dass das Leben nichts anderes ist als nur ein langer,
fortlaufender Prozess, wird keinen Anlass mehr sehen, den Tod oder das
Leben zu beklagen. Sie sind beides Teile des gleichen Vorgangs, nämlich
ein Prozess, der dem Begehren und dem Lebenswillen folgt.
Der Mensch, der die
Kenntnis des Gesetzes der Bedingtheiten erlangt hat, wird verstehen,
dass der Tod zur Geburt und neue Geburt zu neuem Tod führen wird. Er
versteht diese endlose Lebensrunde des Samsâras. Der Tod wird ihn weder
ängstigen noch beunruhigen. Für ihn sind Tod und Geburt das gleiche. Da
er das Gesetz der Bedingtheiten anerkennt, zeigt es ihm die
Dringlichkeit, sein Leben in heilsamer Weise zu leben. Wenn er so gelebt
hat, wird der Tod für ihn die Geburt einer neuen Möglichkeit sein, sogar
ein noch besseres Leben zu leben. In dieser Weise wird er den Tod
betrachten.
Es kommt
nur darauf an, in welcher Weise wir den Tod sehen. Nehmen Sie an, ein
Haus hat nur eine Tür. Ist es die Eingangs- oder die Ausgangstür? Für
den, der auf der Straße steht, ist es die Eingangstür. Für den, der sich
im Haus befindet, ist es die Ausgangstür. Aber für beide ist es ein und
die selbe Tür, die nur von verschiedenen Blickwinkeln aus betrachtet
wird. P. Dahlke sagte einst:
„Sterben ist nichts anderes als eine Rückschau auf
das Leben, und die Geburt nichts anderes als
eine Vorschau auf den Tod."
In Wirklichkeit sind Geburt und Tod zwei Abschnitte
eines ungebrochenen Vorgangs des Begehrens. Der Tod ist wie eine Abreise
für die, die der Sterbende hinter sich lässt. Er bedeutet aber auch eine
Ankunft für die neue Familie, in die er geboren wird. Ob wir es Tod oder
Geburt nennen, kommt darauf an wie wir es betrachten. Doch letztendlich
können wir nur ein 'Einweg-Beobachter' sein. Wenn wir den Todesprozess
beobachten, sind wir nicht in der Lage, den Geburtsprozess zu beobachten
(oder zu erleben). Das gleiche gilt auch in umgekehrter Richtung. Das
heißt also, dass unser Geist Geburt und Tod erst einmal nicht als einen
Vorgang betrachtet, der miteinander verbunden ist. Unsere Unfähigkeit,
die enge Verbundenheit dieser beiden Vorgänge zu sehen, lässt in uns die
Illusion entstehen, oder doch zumindest den Wunsch, dass wir das eine
(die Geburt) ohne das andere (den Tod) haben könnten. Alle wollen wir
leben, aber sterben will niemand. Das ist eine Unmöglichkeit. Wer an das
Leben haftet, der haftet auch an den Tod. Ein bezeichnendes Merkmal des
Lebens ist das Begehren und das Anhaften. Die folgerichtige Konsequenz
von Anhaftung ist der Tod, so wie es das Gesetz der 'Bedingten
Entstehung' beschreibt.
Wenn Sie den Tod abwenden wollen, müssen Sie sich
von den Anhaftungen im Leben 'abwenden' und den Prozess der 'Bedingten
Entstehung' anhalten. Das kann nur getan werden, indem wir uns von den
Anhaftungen und den Begierden abwenden.
Wir sollten versuchen, im Leben an nichts
anzuhaften!
Wenn wir
ständig in unangemessener Weise an den Dingen des Lebens haften und uns
daran hängen, so wird sich das Glück, das wir für eine kurze Weile durch
sie erfahren, eines Tages in Leidhaftigkeit wandeln. Denn auf Grund
natürlicher Gesetzmäßigkeiten, wie der Vergänglichkeit und der
'Bedingten Entstehung', müssen all die Dinge, an denen wir haften, eines
Tages vergehen, eines Tages von uns getrennt sein. So werden die Objekte
des Glücks, zu Objekten des Leidens.
Zu unserer Enttäuschung werden wir feststellen,
dass alle Ursprünge weltlicher Freuden die Grundlagen für (zukünftiges)
Leiden werden. Wir werden dann dem Dichter zustimmen, der sagt:
Die süßesten Freuden sind
nur getarntes Leiden.
So groß wie die Freuden der Anhaftung sind, so groß
wird die Trauer der Trennung sein. Das alles ist Leidhaftigkeit.
Wird es nicht ermüdend,
die Dinge, denen wir heute voller Begeisterung nachgehen, morgen schon
wieder verlieren zu müssen? An einem Tag sind wir himmelhoch jauchzend,
am nächsten Tag zu Tode betrübt. Wie lange lässt es unsere Selbstachtung
zu, ständig wie ein Fußball in dieser Art und Weise hin- und
hergeschoben zu werden? Ist es nicht befriedigender, ehrenhafter,
sicherer und weiser, das Leben ohne Anhaftungen zu leben? Wenn ein
Unglück über uns kommt, so wird es kommen - wenn eine Krankheit über uns
kommt, so wird sie kommen.
Die Ereignisse des Lebens können wir nicht ändern.
Wir können aber unsere Einstellung zu diesen Ereignissen ändern! Das
Gesetz der Vergänglichkeit und der 'Bedingten Entstehung' können uns
hier weiterhelfen. Angst und Traurigkeit wird sich in Zuversicht und
Freude wandeln. Jemand, der so sein Leben in Harmonie und Frieden lebt,
die Erscheinungen des Lebens gleichmütig betrachtet, wird im Moment des
Todes weder Ängste noch Schrecken erleiden. Ruhig und zuversichtlich
wird er dem Tod begegnen können.
Patâcârâ und
Kisâgotami.
Nun wollen wir uns den Fällen von zwei Menschen
zuwenden, die durch den Verlust ihrer Angehörigen Trauer und Kummer
erlitten.
Patâcârâ: Sie
verlor ihren Ehemann, der durch den Biss einer Giftschlange starb. Da
sie gerade auf dem Weg zu ihrem Heimatdorf waren, musste sie einen
reißenden Fluss mit ihren beiden Kindern durchwaten. Da sie zu schwach
war, beide auf einmal zu tragen, ließ sie den einjährigen Sohn am Ufer
zurück und trug das Baby als erstes hinüber. Sie legte es dort nieder
und machte sich auf den Rückweg, um das andere Kind zu holen. Als sie
gerade in der Mitte des Flusses angekommen war, sah sie, wie ein
Raubvogel auf ihr Baby herunterstieß und es davontrug. Patâcârâ schrie
vor großem Kummer laut auf und schlug ihre Hände über dem Kopf zusammen.
Das Kind am anderen Ufer dachte, sein Mutter sein in Bedrängnis und
würde ihn rufen. Er sprang in den Fluss und ertrank.
Alleine, weinend und
wehklagend ging sie dann weiter in die Richtung ihres Heimatdorfes. Auf
dem Weg traf sie einen Mann, der gerade aus ihrem Dorf kam, und sie
erkundigte sich nach ihren Eltern. Dieser Mann überbrachte ihr die
traurige Nachricht, dass ein Sturm in der vergangenen Nacht ihr
Heimatdorf verwüstet hätte, und ihre Eltern und ihr Bruder darin
umgekommen seien. Er zeigte auf etwas Rauch, der in der Ferne aufstieg
und sagte: „Das ist der Rauch der Scheiterhaufen deiner Familie."
Überwältigt von Schmerz, Trauer und Gram rannte sie umher wie eine
verrückte Frau. Todespein zerfraß ihr Herz, eine Schmerz, der nicht
hätte schlimmer sein können. Jemand gab ihr den Rat, den Buddha
aufzusuchen. Sie ging zu ihm und klagte ihm ihr
Leid. Der Buddha sagte zu ihr: „Patâcârâ, sei unbesorgt. Dies ist nicht
das erste Mal, dass du über den schmerzlichen Verlust eines Ehemannes,
deiner Kinder, deiner Eltern und deines Bruders weinst. So, wie du heute
geweint hast, so hast du in dieser endlosen Runde von Geburt und Tod
schon über den Verlust ungezählter Ehemänner, ungezählter Kinder,
ungezählter Eltern und ungezählter Geschwister geweint. All die Tränen,
die du somit vergossen hast, waren mehr Wasser, als das der vier großen
Ozeane." Als der Buddha diese Worte des Mitgefühls und der Weisheit
ausgesprochen hatte, wurde Patâcârâs Trauer immer geringer, bis der
Schmerz ganz nachließ. Nachdem der Buddha ihr eine Lehrrede gehalten
hatte, erreichte Patâcârâ den Strom des Dhammas, das heißt sie erreichte
die erste Stufe der Heiligkeit.
Was war es, das das Leid und die Trauer aus
Patâcârâs Geist entfernten? Es war das Durchdringen, das tiefe
Verständnis der Allgemeingültigkeit des Todes. Patâcârâ erkannte, daß
sie schon ungezählte Leben gelebt hatte und dass sie schon ungezählte
Male schmerzliche Verluste erlitten hatte - und dass der Tod immer
wieder kommen musste.
Während Patâcârâ die Universalität, die
allgemeingültige Tatsache des Todes durch die Erkenntnis ihrer
ungezählten Verluste in der Vergangenheit verstand, erkannte Kisâgotami
diese Wahrheit, indem sie von den ungezählten schmerzlichen Verluste
anderer Menschen hörte.
Als Kisâgotamis eigenes Kind starb, war ihr Kummer
so groß, dass sie das tote Kind nicht loslassen oder es bestatten
wollte. Es war der erste Verlust, der ihr (in diesem Leben) jemals
widerfuhr. Sie trug das tote Kind eng an ihren Körper gepresst. Sie ging
von Haus zu Haus und fragte die Menschen nach einer Medizin, die ihr
Kind wieder ins Leben zurückrufen könnte. Auch sie wurde schließlich zum
Buddha geschickt. Er sagte ihr, sie solle eine Paste aus weißen
Senfkörnern herstellen. Allerdings dürfte sie diese Senfkörner nur von
einem Haushalt akzeptieren, in dem noch nie ein Mensch gestorben war.
Sie ging dann los und suchte nach dieser Medizin, von der sie dachte,
dass sie so leicht zu bekommen sei. Als sie an das erste Haus anklopfte
und wissen wollte, ob in diesem Haus schon einmal jemand gestorben sei,
bekam sie zur Antwort: „Gute Frau was fragst du da? Die Menschen, die
hier leben, das sind wenige; aber die, die hier schon gestorben sind,
das sind viele!" Sie ging dann zum nächsten Haus. Auch hier wurde ihr
gesagt, dass der Tod schon oft an diese Tür geklopft hat. Sie ging zu
vielen Häusern. An jeder Haustür wurde ihr gesagt, dass entweder ein
Vater, eine Mutter, eine Tochter, ein Sohn oder ein anderer Verwandter
schon gestorben waren. Als es Abend wurde, war sie von dieser
hoffnungslosen Mühe erschöpft. Sie konnte das Wort Tod aus jedem Hause
heraus schallen hören. Sie erkannte die allgemeingültige Tatsache des
Todes. Sie begrub ihr Kind in einem Wald und ging dann zurück zum Buddha
und sagte: „Ich dachte, ich bin die Einzige, die an einem solchen
schmerzlichen Verlust leidet. Ich fand dieses Leiden jedoch in jedem
Haus. Ich begriff, dass die Lebenden in jedem Dorf wenige, aber die
schon Verstorbenen viele waren." Kisâgotami war nicht nur von ihrem
Kummer erlöst, sondern trat auch in den Strom des Dhammas ein, nachdem
der Buddha ihr eine Lehrrede gehalten hatte.
„Er geht doch nur den Weg,
den er nun gehen muss."
Vergleichen wir nun die Fälle von Patâcârâ und
Kisâgotami mit dem eines Bauern, welcher der Bodhisatta in einem
früheren Leben war, wie es in den Uraga Jâtikas beschrieben wird.
Obwohl er ein einfacher
Bauer war, übte er sich regelmäßig in der Betrachtung über den Tod. „Der
Tod kann jeden Augenblick zu uns kommen." Er machte sich diese
Betrachtung nicht nur zu seiner eigenen Übung und Gewohnheit, sondern er
war auch darauf bedacht, dass sich die anderen Mitglieder seines
Haushaltes in gleicher Weise übten. Als er eines Tages wieder mit seinem
Sohn auf dem Felde arbeitete, wurde letzterer von einer Giftschlange
gebissen und starb sofort. Der Vater war darüber in keiner Weise
beunruhigt oder betrübt. Er trug den toten Körper zum Fuße eines Baumes
und bedeckte ihn mit einem Mantel. Er weinte nicht und jammerte nicht,
sondern ging seiner Arbeit auf dem Felde weiter nach. Später gab er
einem Passanten die Nachricht mit auf den Weg, dass seine Familie nur
ein Essenspaket zu schicken brauche, und dass sie mit Blumen und
Duftwasser kommen sollten. Als seine Frau diese Nachricht erreichte,
wusste sie, was sie bedeutete. Auch sie zeigte sich unbekümmert. Weder
ihre Tochter, noch ihre Schwiegertochter, noch die Hausangestellte
zeigten irgendwelche Trauer. Wie der Vater sie gebeten hatte, gingen sie
alle mit Duftwasser und Blumen auf das Feld, um eine einfache Bestattung
abzuhalten, wo keine Tränen flossen. Sakka, der Göttergott, nahm die
Form eines Menschen an und ging zu dem Feld, wo der tote Körper gerade
auf einem Holzhaufen verbrannt wurde. Er fragte die Anwesenden, ob sie
gerade das Fleisch eines Tieres braten würden? Als sie antworteten, dass
es ein menschlicher Körper sei, wollte Sakka wissen, ob es ein Feind von
ihnen gewesen war? Der Vater antwortete: „Es war kein Feind, sondern
unser eigener Sohn." „Dann habt ihr ihn sicherlich nicht geliebt,"
antwortete Sakka. „Er war unser über alles geliebter Sohn," antwortete
der Vater. „Warum weint ihr dann nicht?" wollte Sakka weiter wissen. Der
Vater antwortete ihm mit folgendem Vers:
Erlischt die Lebensfreude, verlässt der Mensch sein sterblich Kleid. So wie die Schlange ihre Haut vom Körper streift. Keines
Freundes Klage kann der Toten Asche je berühren. Was sollte mich betrüben? Er geht doch nur den Weg, den er nun gehen muss.
In ähnlicher Weise
befragte Sakka die Mutter, und sie antwortete:
Ungerufen kam er, und
ungebeten ging er früh. So wie er kam, so ging
er auch, was gäb' es da zu klagen? Keines Freundes Klage kann der Toten Asche je
berühren. Was sollte mich betrüben? Er geht doch nur den Weg, den er nun gehen muss.
Schwestern lieben ihre
Brüder sicherlich sehr. „Warum weinst Du nicht?" wollte Sakka von der
Schwester wissen:
Würd'
fasten ich, würd' weinen, wem könnte es von
Nutzen sein? Das Glück der Sippe würde nur
vergehen. Keines Freundes Klage kann der Toten
Asche je berühren. Was sollte mich betrüben?
Er geht doch nur den Weg, den er nun gehen
muss.
Dann befragte
Sakka die Frau des Toten, warum sie nicht weinen würde? Und sie
antwortete ihm:
Wie
Kinder, die vergeblich weinen, weil sie den Mond
nicht fassen können. So auch zerfließen wir in
Tränen, wenn die Liebsten von uns gehen. Keines Freundes Klage kann der Toten Asche je
berühren. Was sollte mich betrüben? Er geht doch nur den Weg, den er nun gehen muss.
Zum Schluss befragte Sakka
die Hausangestellte, warum sie nicht weinen würde, obgleich sie
behaupte, ihr Herr sei niemals grausam, sondern immer freundlich um sie
bedacht gewesen? Und sie antwortete ihm:
Seht den zerbrochenen, irdenen Krug. Wer kann die Teile wieder fügen? So ist's auch mit der Totenklage, sie ist vergeblich' Liebesmüh'. Keines Freundes Klage kann der Toten Asche je
berühren. Was sollte mich betrüben? Er geht doch nur den Weg, den er nun gehen muss.
Nachtrag:
Wie jedes irdene Gefäß,
Gebildet von des Töpfers Hand - Ganz gleich ob klein ob groß, Ob schon gebrannt ob ungebrannt - Am Ende doch zerbrochen wird, So gilts vom Menschenleben auch.
Gleichwie das mächt'ge
Felsgebirge, Empor sich reckend himmelhoch, Das ganze Land durchziehet ringsumher Und allerwärts es niederdrückt:
So drückt das Alter und
der Tod Die Wesen nieder in der Welt, Die Krieger, Priester, Bürger, Knechte, Die Feger, die Verstoßenen. Nichts lassen beide unverschont, Zermalmen alles was da ist.
Da helfen keine Elefanten
nichts, Kein Fußheer, auch kein Wagenheer; Ja, selbst durch Zauberkraft und Schätze Man nimmer sie besiegen kann.
Das Leben so wie alles Dasein, Wie alle Freude, aller Schmerz, Hängt bloß an einem Denkmoment - Und schnell eilt der Moment dahin.
Die Daseinsgruppen, die
erloschen, Bei Lebzeiten oder beim Tod, Sind ganz in gleicher Weise nun Dahin auf Nimmerwiederkehr.
Nicht lebt im künftigen
Moment man, Lebt JETZT in diesem Denkmoment; Wenn der erlischt, erlischt die Welt: Dies Wort ist wahr im höchsten Sinn.
Dem Tautropfen vor Sonnenaufgang, Der an der Grashalmspitze hängt: Dem gleicht das Leben aller Menschen....
-
Die Lebensdauer,
Krankheit, Zeit, Der Sterbeort, der
Daseinsweg: Das sind fünf Dinge in der Welt, Die nimmer man erkennen kann, Da ohne Anzeichen sie sind.
(Quelle: Visuddhi Magga -
Kap.8: Betrachtungen über den Tod.)
Gar kurz, Brahmane, ist das Leben der Menschen,
begrenzt und flüchtig, voller Qualen. Weise
sollte man dies erkennen, Gutes tun und den Reinheitswandel führen -
denn kein Geborener entrinnt dem Tod.
Gleichwie etwa Brahmane, der Tautropfen an der
Spitze eines Grashalmes beim Aufgehen der Sonne gar schnell vergeht,
nicht lange bleibt, so auch ist das dem Tautropfen vergleichbare Leben
der Menschen...
...wenn
eine mächtige Regenwolke sich ergießt, die Blasen auf dem Wasser gar
schnell vergehen, nicht lange bleiben, so auch ist das der Wasserblase
vergleichbare Leben der Menschen...
...die mit einem Stocke im Wasser gezogene Furche
gar schnell vergeht, nicht lange bleibt, so auch ist das der
Wasserfurche vergleichbare Leben der Menschen...
...der fernhin eilende,
schnell strömende, alles mit sich fortreißende Gebirgsstrom auch nicht
für einen Augenblick, eine Weile, eine Minute still steht, sondern immer
weitereilt, weiterfließt, weiterströmt, so auch ist das dem Gebirgsstrom
vergleichbare Leben der Menschen...
...ein kräftiger Mann mit der Zungenspitze einen
Speichelkloß bildet und ihn ohne jede Anstrengung ausspeit, so auch ist
das dem Speichelkloß vergleichbare Leben der Menschen...
...wenn man in einen
tagsüber erhitzten Metalltopf ein Stück Fleisch wirft, dasselbe gar
schnell vergeht, nicht lange bleibt, so auch ist das dem Fleischklumpen
vergleichbare Leben der Menschen...
Gleichwie etwa Brahmane... ein Schlachtvieh, das
zur Schlachtstelle geführt wird, ganz gleich welchen Fuß es auch
hochhebt, ganz nahe der Schlachtung ist, ganz nahe dem Tod, so auch ist
das dem Schlachtvieh vergleichbare Leben der Menschen... gar begrenzt
und flüchtig, voller Leiden und Qualen. Weise sollte man dies erkennen,
Gutes tun und den Reinheitswandel führen - denn kein Geborener entrinnt
dem Tod.
(Quelle:
Angereihte Sammlung, Siebener Buch/70 -gekürzte Zusammenfassung)
Fünf
Betrachtungen für jeden Menschen
Fünf Tatsachen ihr Mönche, sollte jeder öfters bei
sich erwägen, sei es Mann oder Frau, Hausner oder Hausloser:
1. „Dem Altern bin ich
unterworfen, kann dem Alter nicht entgehen.
2. Der Krankheit bin ich unterworfen, kann der
Krankheit nicht entgehen.
3. Dem Sterben bin ich unterworfen, kann dem
Sterben nicht entgehen.
4. Von allem Lieben und Angenehmen muß ich scheiden
und mich trennen.
5.
Eigner und Erbe meiner Taten bin ich, meinen Taten entsprossen, mit
ihnen verknüpft, habe sie zur Zuflucht, und die guten und bösen Taten,
die ich tue, werde ich zum Erbe haben."
...indem nun diese Tatsachen häufig bei sich erwägt
werden, schwindet der...1. Jugendrausch... 2. der Gesundheitsrausch...3.
der Lebensrausch... 4. das begehrliche Verlangen... 5. der schlechte
Wandel... gänzlich oder sie werden abgeschwächt....
...indem diese Tatsachen
häufig bei sich erwägt werden, erschließt sich ihm (oder ihr) der Pfad.
Jenen Pfad hegen und pflegen sie nun, wandeln ihn beharrlich, es lösen
sich ihnen die Fesseln und die Neigungen schwinden.
(Quelle: Angereihte
Sammlung, Fünfer Buch/57 - gekürzte Zusammenfassung)
Todesfurcht
„Das behaupte ich,
Herr Gotama, das ist meine Ansicht: Keinen gibt es unter den
Sterblichen, der nicht vor dem Tode in Furcht und Angst geriete," sagte
der Brahmane Jânussoni zum Buddha, und der klärt ihn darüber auf. Zuerst
zeigt der Buddha die Menschen auf, die in Furcht und Angst vor dem Tod
geraten. Es ist die umgekehrte Darstellung von der, die folgt.)
... >Da ist einer,
Brahmane, bei den Sinnenfreuden... beim Körper... frei von Gier und
Willensdrang, frei von Zuneigung und Durst, frei von fieberhaftem
Verlangen und Begehren. Der wird nun von einer heftigen Krankheit
befallen. Von heftiger Krankheit befallen, wird ihm da also nicht
zumute: „Ach, die geliebten Sinnenfreuden,... ach der geliebte Körper
wird mir schwinden. Ach, verlieren soll ich die geliebten
Sinnenfreuden,... den geliebten Körper!" Und er jammert nicht, stöhnt
nicht, klagt nicht, schlägt sich nicht weinend an die Brust, gerät nicht
in Verzweiflung. Ein solcher Sterblicher, Brahmane, gerät vor dem Tod
nicht in Furcht und Angst. <
>Ferner noch, Brahmane: ...Da hat einer nichts
Schlechtes getan, hat keine rohen und gemeinen Taten begangen, sondern
er hat edle, heilsame Werke vollbracht, die die Furcht der Wesen
bannen....
....Da ist
einer kein Zweifler, kein schwankender Mensch, ist zur Klarheit gekommen
in der guten Lehre. Der wird nun von einer heftigen Krankheit befallen.
Von heftiger Krankheit befallen, wird ihm da also zumute: „Nichts
Schlechtes habe ich getan, habe keine rohen und gemeinen Taten begangen,
sondern edle, heilsame Werke habe ich vollbracht, die die Furcht der
Wesen bannen, eben solche Daseinsfährte werde ich nach dem Tode begehen
... Kein Zweifler bin ich, kein schwankender Mensch, bin zur Klarheit
gekommen in der Guten Lehre!"
Er jammert nicht, stöhnt nicht, klagt nicht,
schlägt sich nicht weinend an die Brust, gerät nicht in Verzweiflung.
Ein solcher Sterblicher, Brahmane, gerät vor dem Tod nicht in Furcht und
Angst. <
(Quelle:
Angereihte Sammlung, Vierer-Buch/184 -gekürzte Zusammenfassung)
Drei Schrecken aber gibt
es, ihr Mönche, wobei Mutter und Sohn einander nimmer helfen können.
Welche drei? Den Schrecken des Alters, den Schrecken der Krankheit, den
Schrecken des Todes.
Nicht kann, ihr Mönche, die Mutter bei ihrem
alternden,... erkranktem... sterbendem Sohn dies erreichen: „Ich
altere... erkranke... werde zwar sterben, doch nicht möge mein Sohn
altern,... erkranken... und sterben." Und auch der Sohn kann es bei
seiner alternden,... erkrankten... sterbenden Mutter nicht erreichen:
„Ich altere... erkranke... werde zwar sterben, doch nicht möge meine
Mutter altern,... erkranken... und sterben."
Diese drei Schrecken gibt es, wobei Mutter und Sohn
einander nimmer helfen können.
(Anger. Samml. 3/63)
Was ist
Glück und was ist Elend?
Der Wanderasket Sâmandakâni sprach zum Ehrwürdigen
Sariputta: „Was Freund Sariputta, ist wohl Glück und was ist Elend?"
„Wiedergeborenwerden,
Freund, ist ein Elend, Nichtwiedergeborenwerden ist Glück. Beim
Wiedergeborenwerden, Freund, hat man solches Elend zu erwarten wie
Kälte, Hitze, Hunger, Durst, Kot, Urin, Gefährdung durch Feuer, Stock
und Schwert - oder Verwandte und Freunde tun sich zusammen und fügen
einem ein Leid zu. Beim Wiedergeborenwerden, Freund, hat man solches
Elend zu erwarten.
Beim
Nichtwiedergeborenwerden, Freund, hat man das Glück zu erwarten, daß es
keine Kälte usw......und nicht tun sich Verwandte und Freunde zusammen,
um einem ein Leid zuzufügen. Beim Nichtwiedergeborenwerden, Freund, hat
man solches Glück zu erwarten!"
(Quelle: Angereihte Sammlung, Zehner-Buch/65)
Drum möge sich des ernsten
Strebens, Befleißigen der weise Mensch, In der Betrachtung über'n Tod, Die solche hohe Macht besitzt.
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